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Staatsanwalt liest manchmal mit

Von Christina Böck

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In Sozialen Medien sitzt die Meinung oft recht locker. Da kann auch einem Schriftsteller einmal das Häferl übergehen. Aber für Jakub Zulczyk könnte das nun im Gefängnis enden. Am 7. November 2020 gratulierte der polnische Präsident Andrzej Duda in einem Tweet Joe Biden nicht etwa zur gewonnenen US-Wahl, sondern nur zu einer "erfolgreichen Wahlkampagne". Polens nationalkonservative PiS-Regierung und der aus ihren Reihen stammende Präsident gelten als Fans von Donald Trump. Zulczyk erboste dies dermaßen, dass er antwortete: "Andrzej Duda ist ein Idiot." Nun gibt es in Polen den Straftatbestand der Beleidigung des Präsidenten (wie in Deutschland, auch in Österreich ist der Bundespräsident strafrechtlich besonders geschützt). Aufgrund dessen muss sich Zulczyk nun vor Gericht verantworten, ihm drohen bis zu drei Jahre Haft.

Ob drei Jahre Haft für eine auf Twitter flapsig hingeschriebene Beleidigung vielleicht etwas überschießend sind, kann man diskutieren. Zumal man, wenn es nicht gerade um Präsidenten geht, nicht einmal etwas tun kann, wenn man auf Twitter mit Tod oder Vergewaltigung bedroht wird. Was wiederum zu dem Gedanken führt, dass eine weitere Entgleisung der Kommunikation auf Sozialen Medien nicht wünschenswert ist. Allerdings zeigt ein Stichproben-Scrolling durch die restlichen Antworten unter Dudas Posting, dass die meisten Menschen, die nicht Sprachgewalt als Beruf ausüben, eleganter ihren Unmut ausdrücken konnten als der Schriftsteller.