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Staatsfeier ohne die Slowenen

Von Engelbert Washietl

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Der Autor ist Vorsitzender der "Initiative Qualität im Journalismus"; zuvor Wirtschaftsblatt, Presse, und Salzburger Nachrichten.

Wohl dem Volk, das seine Mythen pflegt. Aber die Ortstafelfrage ist beim Staatsvertragsjubiläum am Samstag ein Thema, das bloß verlegen macht.


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Bundeskanzler Werner Faymann veranstaltet eine "Feierstunde" im Wiener Belvedere, wo vor 55 Jahren der österreichische Staatsvertrag unterzeichnet wurde. Das ist erstens vernünftig - der Staatsvertrag gab am 15. Mai 1955 den Österreichern nicht nur die staatliche Unabhängigkeit zurück, sondern war auch ein politischer Durchbruch im durch den Ost-West-Gegensatz verhärteten Europa.

Das Jubiläum lenkt zweitens etwas von den wirtschaftspolitischen Nöten ab, in denen sich die Republik befindet. Es ummantelt die allgemeine und bis in die Spitze der Regierung vorgedrungene Unsicherheit mit dem Mythos eines historischen Vertragswerkes.

Und es gibt drittens beiden Regierungsparteien die Gelegenheit, ihre einstigen Verdienste für die Republik entsprechend herauszustreichen. Die ÖVP schickt mit dem ehemaligen Staatssekretär Ludwig Steiner den letzten Augenzeugen und politischen Begleiter des Superteams Julius Raab und Leopold Figl ins Rennen. Die SPÖ wird es verstehen, Vizekanzler Adolf Schärf und den damaligen Staatssekretär im Außenministerium, Bruno Kreisky, so ins Bild zu bringen, dass nicht auffällt, dass diese SPÖ-Politiker in den historischen Stunden nur die - nicht perfekt melodiöse - zweite Geige spielten.

Soweit ist für das Fest der Geladenen alles bereitet. Ein paar Dinge stören freilich die Freude. Da ist zum Beispiel die Tatsache zu nennen, dass mit dem österreichischen Bundesheer, das in unmittelbarer Folge des Staatsvertrages geschaffen wurde, heute niemand mehr etwas anzufangen weiß, selbst der Verteidigungsminister nicht.

Dann ist vor allem der Artikel 7 des Staatsvertrages zu nennen, der den Slowenen Kärntens und den Kroaten des Burgenlands und der Steiermark einen entsprechenden Schutz zusichert und zweisprachige Ortstafeln verlangt. In dem Punkt hat Österreich bisher versagt. Die deutschsprachige Kärntner Mehrheit springt aus dumpfer und politisch geförderter Volkstumsgläubigkeit nicht über ihren Schatten, die Bundespolitik scheitert an Kärnten.

Weder die Ortstafellösung von Bundeskanzler Bruno Kreisky aus dem Jahr 1972, in 205 Kärntner Ortschaften zweisprachige Tafeln aufzustellen, noch die mehrfachen Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs oder die Drohung der Republik Slowenien, sich als "Rechtsnachfolger" Jugoslawiens in den Staatsvertrag einzuklinken, haben etwas daran geändert. Österreich ist bei der Erfüllung des Staatsvertrags säumig.

Marjan Sturm, Obmann des Zentralverbandes slowenischer Organisationen, und Josef Feldner, der den "Kärntner Heimatdienst" leitet und zugleich in der Kärntner Konsensgruppe aktiv ist, haben bis Montag keine Einladung zum Staatsvertragsfest erhalten. Die slowenische Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ) weiß offiziell gar nichts von dem Fest. "Es gibt wesentliche Fragen, die noch ungelöst sind", sagt Feldner und fügt hinzu, dass der Widerstand gegen eine vernünftige Lösung im Sinne des Staatsvertrages "von der Landeshauptmann-Partei in Kärnten" komme. Landeshauptmann Gerhard Dörfler wäre hingegen eingeladen, hat aber keine Zeit.

Bezogen auf Artikel 7 ist somit die Staatsvertragsfeier, bei der die Kärntner Slowenen fehlen und bei der die vom slowenischen Präsidenten Danilo Türk erhoffte politische Geste Österreichs zugunsten der Kärntner Slowenen ausbleiben wird, eine Blamage. Eine völlig unnötige noch dazu. Die politische Spitze des Konkurslandes Kärnten hält die Bundesregierung und den Rest Österreichs weiterhin in Geiselhaft.

Der Autor ist Sprecher der

"Initiative Qualität im Journalismus"; zuvor "Wirtschaftsblatt",

"Presse" und "Salzburger Nachrichten".