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Staatsfonds: Bedrohung oder nur Anarcho-Engel?

Von Konstanze Walther

Wirtschaft

Morgan Stanley verhandelt mit chinesischem Fonds. | Deutschland verabschiedete ein Gesetz zur Abwehr. | Im Oktober kommt eine Art freiwillige Selbstverpflichtung. | Wien. Der Staatsfonds: Er hat Geld, er bindet sich langfristig, er ist nicht auf Zerschlagung aus. Genau das, wovon viele waidwunde Unternehmen in diesen Krisenzeiten träumen. Aber ihre Wünsche werden nur eingeschränkt erfüllt.


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Die zweitgrößte US-Investmentbank Morgan Stanley will beispielsweise laut einem Medienbericht mit Hilfe eines asiatischen Großaktionärs seine Unabhängigkeit retten. Die Wall-Street-Firma spreche mit dem chinesischen Staatsfonds CIC über eine Aufstockung seiner Beteiligung auf bis zu 49 Prozent, berichtete am Donnerstag die Finanznachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Insider. CIC war bereits Ende vergangenen Jahres mit zehn Prozent bei Morgan Stanley eingestiegen.

Statt eines Verkaufs oder Zusammenschlusses mit anderen Banken würde Morgan Stanley aber die weitere Eigenständigkeit bevorzugen. Morgan Stanley und Goldman Sachs sind die letzten verbliebenen unabhängigen US-Investmentbanken von bis vor kurzem noch fünf Häusern.

Unabhängig mit China?

Nicht bekannt ist, wie die US-Regierung zu diesem Angebot steht. Denn 2007 wurde von den USA der Foreign Investment and National Security Act verabschiedet. Das Gesetz ermächtigt den US-Präsidenten im Rahmen einer Generalklausel, ausländische Investitionen, die die nationale Sicherheit der USA bedrohen, zu untersagen. Der potenzielle Anteil muss nicht einmal bei 10 Prozent liegen - der US-Präsident beurteilt die Gesamtsituation.

Auch Deutschland hat erst vor kurzem ein Gesetz verabschiedet, das ausländischen Investoren Hürden auferlegt. Das deutsche Wirtschafts-Aushängeschild Siemens beeilte sich daraufhin, per Zeitung ausrichten zu lassen, dass es offen sei für Beteiligungen von ausländischen Staatsfonds. Man würde sie sogar "sehr begrüßen", so der Finanzvorstand Joe Kaeser - insbesondere in Zeiten der Krise.

Seit dem Platzen der Subprime-Blase im vergangenen Jahr sind die Staatsfonds auf Schnäppchenjagd. Die Consultingfirma Monitor Group geht davon aus, dass 2000 die Staatsfonds 3Mrd. Dollar für Investitionen ausgegeben haben. Im Jahr 2009 seien es schon Deals von zumindest 92 Mrd. Dollar gewesen. Dabei handelt es sich allerdings um Schätzungen - denn wenn sich Staatsfonds an Privatfirmen beteiligen, erfährt das die Weltöffentlichkeit im Regelfall nicht.

Dafür schätzt die Wirtschaftsprüfungskanzlei Ernst & Young das Investitionsvolumen der Staatsfonds im Jahr 2007 auf etwa 155 Mrd. US-Dollar - siebenmal höher als 2005.

Souveräne Strategie

Woher kommen die Vorbehalte? Was stimmt nicht mit den Staatsfonds? "Sie sind nicht berechenbar", meint Maria Pflügl, Kapitalmarktspezialistin bei der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer. "Niemand weiß, nach welchen Kriterien investiert wird." Einerseits muss ein Staatsfonds keinem seiner Anleger seine Strategie erklären. Insofern herrscht in diesem Investitionsvehikel Anarchie. "Klar, denn die Staaten sind souverän, die haben sich an keine Regeln zu halten", erklärt Anwältin Pflügl.

Zweitens kommt der Vorwurf nicht zum Verstummen, dass die Eigentümer politische Interessen verfolgen und dementsprechend Macht ausüben könnten.

Laut Ernst & Young könnte die Bedeutung von Staatsfonds in absehbarer Zeit an jene der Private-Equity-Fonds heranreichen. Für die Staaten heißt das, die Zeit drängt, Gesetze für alle Eventualitäten zu verabschieden.

Das französische Recht ermöglicht bereits das Verbot ausländischer Investoren bei Kontrollerwerb in bestimmten strategischen Sektoren - etwa Armee,

Sicherheitsfirmen, Glücksspiel.

Das deutsche Gesetz geht noch weiter: hier wird der Eingriff nicht einmal auf Sektoren beschränkt.

Aber inzwischen haben selbst die Staatsfonds erkannt, dass sie ihr Image aufbessern müssen. Seit September tagt in Chile

eine Arbeitsgruppe der Staatsfonds.

Dort überlegt man, wie Vertrauen hergestellt werden kann. Anfang Oktober will man den Katalog mit 24 Punkten, den sogenannten "Santiago Principles", veröffentlichen. "Das bleibt mit Spannung abzuwarten", meint Rechtsanwältin Maria Pflügl. "Allerdings wird es wohl nur so etwas wie ein Qualitätssiegel sein. Und beruht natürlich auf freiwilliger Selbstbindung."

Staatsfonds im Überblick

Staatsfonds haben unterschiedliche rechtliche Gestaltungs- und Organisationsformen. Gemeinsam haben sie nur die Veranlagung "öffentlicher Mittel".

Die Einnahmequellen sind verschieden: Sie können Währungsreserven sein (Beispiel: CIC China Investment Cooperation genauso wie Government of Singapore Investment Cooperation) oder sie speisen sich aus Rohstoffen wie Erdöl, Erdgas, Diamanten und Mineralien.

62 Prozent der Staatsfonds beziehen ihre Geldquellen rein aus den Öl- und Gasvorkommen. Zu diesen Rohstoff-Fonds gehört etwa Abu Dhabi Investment Authority, der mit 1300 Mrd. Dollar Volumen der größte der Staatsfonds ist.

Auch der norwegische Government Pension Fund, der der einzige nennenswerte Fonds in Europa ist (mit 315 Mrd. Dollar Vermögen), bezieht seine Einnahmen aus Erdöl.