Regierung hilft Bankinstituten mit 31 Mrd. Euro aus. | Die Rettungsaktion ist vorerst beendet. | 500 Konzerne können sich melden. | Es war praktisch seine letzte Amtshandlung: Erich Hampel, seit 1. Oktober 2009 Ex-Boss der Bank Austria, gab Finanzminister Josef Pröll vorige Woche einen Korb. Sein Institut habe sich entschlossen, genauso wie die Mutter in Italien auf Staatshilfe verzichten. Die UniCredit setze zwecks Stärkung des Eigenkapitals lieber auf eine Kapitalerhöhung über vier Milliarden Euro und lasse sich weder von Silvio Berlusconi noch von der österreichischen Bundesregierung unter die Arme greifen.
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Nach dem Scheitern dieser Verhandlungen ist es an der Zeit, Bilanz über das heimische Rettungsprogramm für die Banken zu ziehen.
Die staatliche Hilfsaktion, die auf dem vor einem Jahr im Eiltempo beschlossenen Interbankmarkt-Stärkungsgesetz und dem Finanzmarkt-Stabilitätsgesetz basiert, war laut Ex-Nationalbankchef Klaus Liebscher als "Vitaminstoß zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit unserer Banken" gedacht. Angesichts des stürmischen Umfelds und des ausgetrockneten Kapitalmarkts wollte die große Koalition den schwer gebeutelten Finanzsektor und die Realwirtschaft stabilisieren und das Vertrauen der Bürger in Österreichs Banken wiederherstellen.
Zunächst reagierten die Geldinstitute zwar zögerlich, weil sie die Auflagen seitens der EU-Kommission, was die Höhe der Verzinsung und die Auszahlung von Dividenden anlangt, erst einer genauen Kosten/Nutzen-Rechnung unterziehen mussten. Doch dann haben sich einige Banken doch entschieden, die staatlichen Hilfen, die bis Jahresende 2009 zu haben sind, in Anspruch zu nehmen. Eisbrecher war Ende 2008 die marode Kärntner Hypo Alpe Adria.
Es gab zähe und teilweise brutal geführte Verhandlungen, an denen Vertreter der Finanzprokuratur, der eigens gegründeten ÖIAG-Tochter Fimbag, der Nationalbank, des Finanzministeriums und des Bundeskanzleramts teilnahmen. "Lustig war das jedenfalls nicht", erinnert sich ein involvierter Bankenmanager.
Letztlich haben sich aber lediglich fünf heimische Kreditinstitute echte Geldspritzen in Form von Eigenkapital-Zuschüssen (siehe Kasten) geholt. Der Bund war bereit, ihnen 6,4 Mrd. Euro an Partizipationskapital zu genehmigen - also stimmrechtslose Wertpapiere, für die die Republik einen fix vereinbarten Zinssatz (8 oder 9,3 Prozent) erhalten soll. Außerdem übernahm die Regierung Haftungen für das Quintett von insgesamt 15 Mrd. Euro. Hierfür werden Haftungsentgelte von 0,5 bis 1,47 Prozent fällig, die aus dem Kapital und allen noch nicht ausbezahlten Zinsen und Kosten errechnet werden.
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Inklusive der 7,7 Mrd. an Haftungen und Bürgschaften, über die sich die vom Staat übernommene Kommunalkredit freuen durfte, der 1,85 Milliarden für die Abwicklung der Zwischenbankkredite durch die Clearingbank sowie der für die knieweiche Constantia Privatbank bereitgestellten 400 Millionen steht der Staat mit fast 25 Mrd. Euro gerade. Und inklusive der Partizipationsscheine machte er insgesamt mehr als 31 Milliarden locker.
Das Fazit: Das 100-Milliarden-Bankenpaket ist nicht annähernd ausgeschöpft. Die Eigenmittel der heimischen Institute haben zwar laut Nationalbank bis zur Jahresmitte um 5,3 Prozent auf insgesamt 93 Mrd. Euro zugenommen. Aber ob die Geldspitzen reichen werden, ist ungewiss.
Klaus Liebscher, der an der Spitze der Fimbag die Rettungsaktionen abgewickelt hat, glaubt jedenfalls nicht, dass noch weiteres Partizipationskapital gefragt sein wird, weil dieses "doch recht teuer" sei. Und Pröll betonte in Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage von BZÖ-Klubobmann Josef Bucher, der die Intransparenz der Entscheidungen kritisiert hatte, dass es "seitens der Banken keine Ansuchen um neuerliche Haftungen, Garantien oder Eigenkapitalspritzen" durch die öffentliche Hand gebe. Er hätte "für Rekapitalisierungen allerdings noch substanziellen Spielraum". Sein Sprecher Harald Waiglein verfügt derzeit über "keine Informationen, dass es weitere Bittsteller geben könnte".
Erste Enttäuschungen musste der Finanzminister wegstecken: Die Hypo Alpe Adria konnte auf Grund eines negativen Ergebnisses ebensowenig eine Dividende ausschütten wie die Volksbanken für das laufende Geschäftsjahr. Womit die beiden Institute die Zinsen für das staatliche Partizipationskapital vorerst nicht berappen können.
Obwohl Granden wie Notenbank-Gouverneur Ewald Nowotny dem Bankenpaket ein positives Zeugnis ausstellen und Raiffeisen-Zentralbank-General Walter Rothensteiner unlängst mit dem Vorschlag überraschte, die Rettungsmaßnahmen über Ende 2009 hinaus zu verlängern, dürfte sich nicht mehr viel abspielen. Die Banken sind zwar mit dem erhaltenen Geld zufrieden, wollen aber weiteren Kapitalbedarf auf andere Weise decken: Die Erste Group etwa prüft eine Emission neuer Aktien, die ihr mehr als eine Milliarde Euro bescheren soll.
Nun können sich anstatt der Banken Großbetriebe beim Staat anstellen. Für sie werden gemäß dem Unternehmensliquiditätsstärkungsgesetz 10 Mrd. Euro, die aus dem Bankenpaket abgezweigt werden, als Kredithaftungen bereitgestellt. Schätzungen zufolge erfüllen rund 500 Unternehmen die Voraussetzungen: mehr als 50 Millionen Umsatz, mehr als 250 Mitarbeiter und eine Bilanzsumme ab 43 Mio. Euro.
Angesprochen sind folglich wirtschaftlich gesunde Riesen wie etwa die Andritz AG, der Mayr-Melnhof-Konzern, die Lenzing AG, der Leuchtenhersteller Zumtobel, die Umdasch-Gruppe oder die Doppelmayr Holding. Sie können zur Steigerung ihrer Liquidität um eine Haftungsübernahme von bis zu 300 Mio. Euro ansuchen - mit einer Deckungsquote von 30 bis 70 Prozent.
Bisher haben sich mehr als 100 Firmen entschlossen, um die staatliche Haftung mit einer maximalen Laufzeit von fünf Jahren anzusuchen. Unter den ersten Antragstellern ist der Linzer Stahlriese Voestalpine - auch der Feuerfestkonzern RHI hat Interesse an den Staatsgarantien offiziell bekundet. Manche Konzerne denken jedoch gar nicht daran, weil sie entweder - wie die OMV via Börse - frisches Kapital zu beschaffen gedenken oder wie die Wienerberger AG lieber auf neue Großinvestoren à la Libyens Revolutionsführer Muammar Gaddafi setzen.
Ein Beirat verteiltGeld an Betriebe
Es könnte auch sein, dass sie sich durch die ohnedies weich formulierten Auflagen abschrecken lassen: Etwa ist wie bei den Banken vorgesehen, dass die Vergütungen an Manager nicht "unangemessen" sein dürfen, auf die Erhaltung der Arbeitsplätze "angemessen Bedacht zu nehmen" sei, dem Staat gegenüber Auskunfts- und Einsichtspflichten bestehen und bei Verstößen eine Pönale von einem Prozent des aushaftenden Betrags fällig wird.
Das Prozedere (siehe Kasten) wickelt die Oesterreichische Kontrollbank ab, die alle eingereichten Unterlagen einer eingehenden Prüfung unterzieht und sodann die Angelegenheit an einen im Finanzministerium angesiedelten sechsköpfigen Beirat weiterleitet, von denen vier Vertreter ein Stimmrecht haben.
Die letzten Entscheidungen werden demnach von den Sektionschefs Heinrich Treer (Finanzministerium), Harald Dossi (Bundeskanzleramt) und Herbert Preglau (Wissenschaftsministerium) sowie der Arbeiterkammer-Expertin Maria Kubitschek getroffen.
Konzerne und StaatsgarantienFür Großbetriebe führen sieben Schritte zur Staatsgarantie:
* 1. Das Unternehmen nimmt zunächst Kontakt mit seiner Bank auf.
* 2. Der Antrag inklusive Kreditvertragsentwurf wird bei der Kontrollbank bis spätestens 12. November 2010 eingereicht. Garantiefähig sind Betriebsmittel- und Investitionskredite oder die Anschlussfinanzierung für eine abreifende Anleihe.
* 3. Die Kontrollbank prüft den Antrag samt allen erforderlichen Unterlagen (Liquiditäts-, Geschäfts- und Tilgungspläne) und leitet das Ansuchen an einen Beirat im Finanzministerium weiter.
* 4. Der sechsköpfige Beirat begutachtet den Antrag und trifft mit einfacher Stimmenmehrheit die Entscheidung.
* 5. Bei positiver Beurteilung durch den Beirat gibt der Finanzminister seinen Sanktus. Der maximale Haftungsbetrag pro Firmengruppe beträgt 300 Millionen Euro.
* 6. Die Bank unterfertigt den endgültigen Kreditvertrag, die Kontrollbank die endgültige Garantieerklärung. Das Unternehmen akzeptiert damit sämtliche Auflagen betreffend Vergütungen, Erhaltung der Arbeitsplätze, Gewinnausschüttung.
* 7.Die Bank zahlt den Kredit dem Unternehmen aus. Die Deckungsquote des Bundes macht 30 bis 70 Prozent aus, die Laufzeit beträgt fünf Jahre.
Banken: Chronologie der RettungsaktionStaatshaftungen:
* Oktober 2008: Die Constantia Privatbank wird von Bank Austria, Erste Group, RZB, Volksbanken und Bawag aufgefangen. Der Bund übernimmt eine befristete Haftung von 400 Mio. Euro.
* November 2008: Bei der neuen Österreichischen Clearingbank AG, die die Zwischenbankkredite abwickelt, übernimmt der Bund eine Haftung von 1,85 Mrd. Euro als Teil des Bankenpakets.
* Jänner 2009: Die Kommunalkredit AG wird gerettet: Der Bund übernimmt die von der Volksbanken AG und der Dexia Crédit Local gehaltenen Anteile zum Preis von je einem Euro und übernimmt die Haftung für Emissionen im Ausmaß von 6,5 Mrd. Euro. Ein Eigenkapitalzuschuss von 250 Mio. Euro ist geplant.
Eigenkapitalzuschüsse:
* Dezember 2008: Bei der Hypo Group Alpe Adria zeichnet der Bund Partizipationskapital von 900 Mio. Euro. Vereinbart wird ein Wandlungsrecht der Partizipationsscheine in Stammaktien der Bank.
* Februar 2009: Mit der Erste Group und der Erste Bank der Österreichischen SparkassenAG wird ein Rahmen von 1,89 bis 2,7 Mrd. Euro vereinbart. Der Bund zeichnet vorerst Partizipationskapitalscheine von 1,224 Mrd. Euro (Zinssatz: 8 Prozent). Es ist noch unklar, wie viel Hybridkapital die Erste emittieren wird.
* März 2009: Der Bund stellt der Raiffeisen Zentralbank (RZB) Partizipationskapital von 1,75 Mrd. Euro zur Verfügung und übernimmt die Haftung für drei Einzelemissionen in Höhe von 4,25 Mrd. Euro.
* April 2009: Bei der Österreichischen Volksbanken AG zeichnet der Bund Partizipationskapitalscheine von 1 Mrd. Euro zum Zinssatz von 9,3 Prozent und übernimmt die Haftung für Emissionen in Höhe von 3 Mrd. Euro.
* August 2009: Der Bawag hilft der Bund mit Partizipationskapital von 550 Mio. Euro (Zinssatz: 9,3 Prozent). Weiters übernimmt er eine Garantie für 400 Mio. Euro auf abwertungsbedrohte Assets.