Ministerrat beschließt Eckpunkte der ÖIAG-Reform, die Knochenarbeit beginnt aber erst jetzt.
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Wien. Bis zum novellierten ÖIAG-Gesetz ist es noch ein weiter Weg, und oft steckt der Teufel im Detail. Was die Regierung am Dienstag beschlossen hat, sind vorerst die Eckpunkte für die Reform der Staatsholding. Abgesegnet hat der Ministerrat nicht einen schon fertigen Gesetzentwurf, sondern eine Punktation, mit der die Koalitionsparteien ihre bisherigen Verhandlungsergebnisse sichern, die für beide Seiten aber noch keineswegs bindend ist.
Geht es nach SPÖ und ÖVP, soll die Reform am 20. März im Parlament beschlossen werden. Bis dahin sind rund um das hochkomplexe Thema jedoch noch etliche Detailfragen zu klären. In Oppositionskreisen wird deshalb bezweifelt, dass der Zeitplan der Regierung hält und über die geplante ÖIAG-Nachfolgegesellschaft ÖBIB schon ab 15. April (Post-Hauptversammlung) die ersten neuen Aufsichtsräte entsendet werden.
Als Stolpersteine auf dem Weg zu einer raschen Gesetzesnovelle könnten sich vor allem die Syndikatsverträge bei OMV und Telekom erweisen. Dort ist die ÖIAG über eine Partnerschaft mit ausländischen Kernaktionären quasi verehelicht. Ob die neue ÖIAG-Struktur, die künftig wieder mehr politischen Einfluss auf das Eigentum der Republik ermöglichen soll, bei den Syndikatsverträgen rechtliche Probleme aufwirft und diese allenfalls neu aufzusetzen sind, ist derzeit noch unklar.
"Das wird man in den nächsten Wochen im Detail prüfen müssen", so ein Insider. "Die Prämisse beim Transformationsprozess muss jedenfalls sein, die Syndikate nicht zu destabilisieren."
Politische"Erfüllungsgehilfen"
Geplant ist, dass sich der künftige Geschäftsführer (Generalsekretär) der neuen Österreichischen Bundes- und Industriebeteiligungsholding (ÖBIB) in allem, was er tut, mit der Politik abstimmen muss. Er ist weisungsgebunden und untersteht direkt dem Finanzminister. De facto politisch besetzt wird auch der künftige Beirat sein, der unter anderem entscheiden soll, wer in die Aufsichtsräte der Bundesbeteiligungen OMV, Post und Telekom entsendet wird. Finanzminister Hans Jörg Schelling garantiert zwar die "besten Köpfe". Die Kritik an der Repolitisierung der Staatsholding und ihrer Beteiligungen ist aber auch am Dienstag nicht abgerissen.
Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn sagte: "Der rot-schwarze Parteienproporz feiert ein ungeniertes Comeback." Ähnlich auch Kathrin Nachbaur, Klubobfrau des Teams Stronach: "SPÖ und ÖVP geht es nur um die Einflussnahme der Politik." Das Fehlen einer "Abkühlphase" für Aufsichtsräte mache die ÖBIB zu einer "Versorgungsstelle von Altpolitikern und Kammerfunktionären".
Die Regierung betonte indes, dass es ein wichtiger Schritt sei, die Selbsterneuerung des ÖIAG-Aufsichtsrats zu beenden. Regierungskoordinator Josef Ostermayer sprach am Dienstag von einer "schwarz-blauen Fehlkonstruktion". Bei der ÖBIB werde nun wieder der Eigentümer seiner Verantwortung nachkommen.
Arbeitnehmervertreter: Keineweiteren Privatisierungen
Gewerkschaft und Arbeiterkammer applaudierten zur geplanten Lösung. Vor allem dürfe die neue ÖIAG nicht dazu missbraucht werden, um weitere Privatisierungen anzustoßen, hieß es bei ihnen. Zumal die bisherigen Privatisierungen für den Staat, die österreichische Bevölkerung und die arbeitenden Menschen nur Negatives gebracht hätten.
Anlegervertreter Wilhelm Rasinger meinte zu den geplanten Änderungen, es werde sehr darauf ankommen, ob die Politik - wie angekündigt - tatsächlich mit guter Corporate Governance "entsprechende Rücksicht auf andere Aktionäre und vor allem auf den Streubesitz" nehmen werde. In den Aufsichtsräten von OMV, Telekom und Post dürften keinesfalls "Apparatschiks" Einzug halten, es brauche Kenner der Wirtschaft mit positivem Einsatz.
Wie andere Experten vermisst auch Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek den großen Wurf bei der ÖIAG-Reform. "Schade, dass nicht alle Staatsbeteiligungen unter einen Hut wandern", sagte er im Gespräch mit der Austria Presse Agentur.
Kritisch sieht Brezinschek auch die Wiederkehr stärkerer politischer Einflussnahme: "Die Korruptionsfälle der vergangenen Jahre und das Hypo-Debakel sprechen gegen eine zu starke Verquickung von Politik und operativen Unternehmen." Der erfolgreiche Weg von ehemals staatlichen Betrieben wie zum Beispiel der Voestalpine oder der Amag zeige den Vorteil einer Emanzipation von der Politik für Wachstum und Beschäftigung, so Brezinschek.