Finanzministerin Fekter ortet keine zusätzlichen Kosten für Österreich.
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Brüssel/Athen. Bitte keine Fragen. Nicht um diese Zeit. "Fragt die anderen, aber nicht mich. Ich bin zu erschöpft": Auf seinen Humor wollte Jean-Claude Juncker nicht verzichten, als er am frühen Dienstagmorgen gemeinsam mit EU-Währungskommissar Olli Rehn und der Direktorin des IWF (Internationaler Währungsfonds), Christine Lagarde, vor die Presse in Brüssel trat. Der Vorsitzende der Eurogruppe hatte da gerade 13 oder 14 Stunden Verhandlungen hinter sich gebracht, mit den Finanzministern der Eurostaaten, mit Vertretern von Banken und Gläubigern. Ein Marathon, befand Rehn, "ein wahrhaft griechisches Wort".
Um Griechenland ging es denn auch in dieser nächtlichen Sitzung, die nicht die erste zu dem Thema war - und nicht die letzte bleiben wird. Denn nach monatelangem Ringen ist das zweite Rettungspaket für das hochverschuldete Land zwar geschnürt. Doch sind die Auflagen für die Auszahlung der 130 Milliarden Euro hart, und die Annahmen für die ökonomische Entwicklung reichen weit in die Zukunft.
In zwei Jahren soll Griechenland aus der Rezession herausgekommen sein, lauten die Schätzungen. Da soll die Wirtschaft um zwei Prozent wachsen. Und bis 2020 soll Athen den Schuldenstand des Landes auf 120,5 Prozent der Wirtschaftsleistung gedrückt haben. Schon davor sollte das Land aber schon wieder in der Lage sein, selbst Geld am Kapitalmarkt leihen zu können - und es sich nicht von seinen Euro-Kollegen borgen zu müssen, wie es die österreichische Finanzministerin Maria Fekter formulierte.
Für Wien entstehen allerdings keine zusätzlichen Kosten, erklärte sie. Durch die Zinssenkungen, die Griechenland nun erhalten hat, werde es für Österreich zwar Verluste in Höhe von rund 1,5 Millionen Euro geben, wenn Athen die Zinsen für die bilateralen Kredite aus dem ersten Hilfsprogramm zurückzahlt.
Dem gegenüber stehen aber Gewinne, die sich aus griechischen Bonds ergeben: Die EZB (Europäische Zentralbank) will die Erträge daraus an die Nationalbanken weitergeben. Diese Gewinne bezifferte die Finanzministerin mit "mehreren hundert Millionen Euro".
Griechen unter Kuratel
In Deutschland ist die Situation anders. Berlin steuert fast 30 Prozent zu den Rettungspaketen bei; für die zweite Finanzhilfe für Athen muss sich die deutsche Regierung noch das Placet des Bundestags holen. Die Abstimmung soll am Montag stattfinden. Doch schon jetzt ist klar, dass der vereinbarte Schuldenschnitt die Steuerzahler Milliarden kosten wird. Allein eine sogenannte Bad Bank der verstaatlichten Immobilienbank Hypo Real Estate dürfte zu Abschreibungen in einem Volumen von sechs bis acht Milliarden Euro gezwungen sein, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Für diese Verluste muss aber der staatliche Bankenrettungsfonds geradestehen.
Dennoch zeigte sich der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble nach der Einigung der Eurogruppe in Brüssel zufrieden. Die langen Beratungsstunden hätten sich gelohnt, resümierte er. Das geplante Hilfs- und Reformprogramm gebe Hoffnung, dass Griechenland auf den Pfad besserer wirtschaftlicher Entwicklung zurückfindet.
Die Kosten dafür sind allerdings hoch. Allein heuer soll das Land 3,3 Milliarden Euro mehr einsparen als ursprünglich geplant, nicht zuletzt durch Stellenabbau im öffentlichen Dienst und Kürzungen beim Mindestlohn. Zusätzlich müssen die Griechen in Kauf nehmen, dass sie finanziell unter Kuratel gestellt werden. Das Sonderkonto nämlich, auf das das Geld zur Schuldentilgung fließt, wird von der Troika aus Vertretern der EU, des IWF und der EZB überwacht.
Die jetzige Regierung in Athen hat all diese Bedingungen akzeptiert. Bis zum 29. Februar will sie einige der nötigsten Reformmaßnahmen per Eilverfahren durch das Parlament in Athen bringen. Ob das künftige Kabinett jedoch die Sparvorgaben der internationalen Geldgeber erfüllen würde, ist offen. Noch unklarer ist, ob derzeitige Regierungspolitiker dabei überhaupt mitzureden hätten. Laut Umfragen würde sich das politische Bild in Athen nämlich nach Wahlen - die bereits in wenigen Monaten anstehen könnten - stark verändern.
Die Griechen verlieren das Vertrauen in die beiden großen Parteien; bei einem Urnengang würden etwa die regierenden Sozialisten derzeit nur noch fünftstärkste Partei werden. Die Konservativen kämen auf etwas mehr als ein Viertel der Stimmen. Sie wären auf Koalitionspartner angewiesen. Diese könnten allerdings nicht dazu bereit sein, die rigiden Sparprogramme mitzutragen.