Vier der zehn neuen Mitglieder der Europäischen Union könnten noch heuer den ersten Schritt in Richtung Beitritt auch zur Gemeinschaftswährung Euro tun - Zypern, Estland, Litauen und Slowenien erfüllen die Kriterien des Maastricht-Abkommens mehr oder weniger schon jetzt. Die anderen, vor allem aber die großen wie Polen, Tschechien und Ungarn, sollten sich Zeit lassen, meinen die meisten Experten - den Stabilitätspakt zu früh zu befolgen könnte bei ihnen nämlich auch heißen, das derzeit erfreulich hohe Wachstum abzuwürgen.
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Die vier "Kleinen" haben angekündigt, noch im Lauf des Jahres 2004 ins "Wartezimmer für die Euro-Einführung" , dem "Wechselkursmechanismus II", eintreten zu wollen. Das würde bedeuten, die jeweilige Landeswährung innerhalb einer Schwankungsbreite von maximal 15 Prozent an den Euro zu binden. Wenn sie dann die anderen Kriterien erfüllen - Budgetdefizit nicht über 3 Prozent, Staatsverschuldung nicht über 60 Prozent, Inflationsrate nur 1,5 Prozentpunkte über dem Schnitt der drei preisstabilsten Eurozonen-Länder und zusätzlich volle Unabhängigkeit der jeweiligen Nationalbank - dann könnten sie 2007 den Euro einführen.
Die "Großen" schlagen einen langsameren Weg Richtung Gemeinschaftwährung - und damit Stabilitätspakt - ein: Ungarn plant einen Beitritt frühestens 2008, Polen und Tschechien noch ein Jahr später.
Der Beitritt zum Euro ist ein Spezialfall, räumt auch die EU-Kommission ein. Und signalisiert, dass man durchaus gewillt ist, den "Neuen" mehr Zeit einzuräumen - vor allem für die Einhaltung der 3-Prozent-Defizitgrenze, mit der sich mitterweile auch schon die Mehrheit der zwölf "alten" Eurozone-Mitglieder schwer tut.
Zu groß ist mittlerweile die Angst, dass man durch ein zu strenges Betonen der Stabilität im Abkommen - das übrigens eigentlich "Stabilitäts- und Wachstumspakt" heißt - das in den zehn neuen EU-Ländern deutlich höhere Wachstum auch noch abwürgen könnte.
Bis auf die "baltischen Tiger", Malta, Zypern und "Musterschüler" Slowenien kämpfen die "Neuen" vor allem mit hoher Arbeitslosigkeit, die bei einem verschärften Sparkurs mit Kürzung der Investitionsprogramme noc garvierendere Probleme bereiten könte.
Deutschlands SPD-Vorsitzende Franz Müntefering brachte es am Wochenende auf den Punkt und plädierte erneut dafür, den Stabilitäts- und Wachstumspakt der Europäischen Union in wirtschaftlich schwachen Zeiten großzügig auszulegen: "Wir brauchen in Europa eine ehrliche Debatte darüber, wie der Stabilitäts- und Wachstumspakt interpretiert wird", sagte Müntefering. "Wir werden darüber reden müssen, dass der Stabilitätspakt für Sonnenzeiten gut ist, dass man aber in schwierigen Zeiten dafür sorgen muss, dass das Wachstum nicht völlig in die Knie geht. Dafür muss man dann in guten Zeiten umso stärker sparen." Aber, angesichts der schwachen Konjunktur, könne man "die Spar-Spirale nicht jedes Jahr weiter drehen, denn das würde die Wirtschaft abwürgen."