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Rom - Es ist gar nicht so lange her, da lobten selbst deutsche Politiker und Banker Italien: Die chronisch schwache Lira schaffte den Sprung in den Euro, die Mafia schien so gut wie besiegt, die Regierung packte brennende Probleme diszipliniert an - das war die Zeit des damaligen Ministerpräsidenten Romano Prodi.
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Doch nur eineinhalb Jahre später drohen jetzt wieder "italienische Verhältnisse" in Rom - eine stabile Regierung ist nicht in Sicht.
"Italien läuft wieder Gefahr unzuverlässig zu werden", meinen besorgte Kommentatoren in Rom. Schon verweisen Zeitungen auf ausländische Stimmen, die vom drohenden Vertrauensverlust sprechen. Auch Brüssel fürchtet Instabilität in Italien", schreibt die Turiner Zeitung "La Stampa". "Lasst uns vermeiden, dass wir uns im Ausland blamieren." "Brutta Figura, eine "schlechte Figur" machen, heißt die Gefahr - das ist so ziemlich das Schlimmste für Italiener.
Entsprechend dramatisch inszeniert Massimo D'Alema seinen Abgang. Von "schweren und dunklen Jahren" sprach er am Mittwoch vor dem Senat: Gefürchtet wird der Rückfall in die alten Verhältnisse, als die Regierungen in Rom sich im Jahresturnus die Klinke in die Hand gaben. 57 Regierungen sind seit dem Zweiten Weltkrieg verschlissen worden.
Das Dilemma: Auch wenn es den Linksparteien gelingen sollte, bis Ostern eine neue Regierung auf die Beine zu stellen - um ein dauerhaftes Kabinett dürfte es sich kaum handeln. Statt wirklicher Krisenbewältigung setzt die Regierung auf Zeitgewinn: Zu schwer war ihre Niederlage bei den Regionalwahlen, um Neuwahlen riskieren zu können, zu stark ist der rechte Medien-Milliardär und Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi geworden.
Das einst gefeierte Linksbündnis ist nur noch ein Scherbenhaufen. Verzweifelt sucht die Linke einen Neubeginn - doch als mögliche neue Regierungschefs werden vornehmlich ältere Herrschaften gehandelt. Schatzminister Giuliano Amato (61) etwa, der die Geschicke des Landes schon einmal in den 90er Jahren lenkte. Oder Zentralbankchef Antonio Fazio (63), ein strenggläubiger Katholik ohne Charisma. Beiden wird zwar die undankbare Aufgabe zugetraut, ein paar Monate bis zur Parlamentswahl auf dem Sessel des Regierungschef durchzuhalten - doch Persönlichkeiten für einen schwungvollen Neuanfang sind sie kaum.
Dann ist da das Dilemma mit dem Wahlrecht. D'Alema selbst war es, der jahrelang ein Wahlrecht mit reinem Mehrheitssystem durchdrücken wollte. Nur so könnten in Italien wirklich stabile Regierungen mit stabilen Mehrheiten entstehen, die nicht ständig am seidenen Faden hängen. D'Alema kann davon ein Lied singen: Er selbst konnte sich nur Dank der Zustimmung von einem halben Dutzend Klein- und Kleinstparteien an der Macht halten - aber nur um den Preis, dass er alle dornigen Reformvorhaben um des inneren Friedens willens liegen ließ.
Der Haken ist nur: Das Referendum war vor genau einem Jahr schon einmal spektakulär gescheitert - die Leute interessierten sich einfach nicht dafür und gingen nicht zur Abstimmung. Nach ihrem klaren Wahlsieg am vergangenen Sonntag will die rechte Opposition davon nichts mehr wissen. Berlusconi, der 1994 neun Monate lang Ministerpräsident war, wittert seine Chance und will Neuwahlen - und zwar sofort. Schon sehnen sich Linkspolitiker im Stillen wieder nach dem EU-Kommissionschef Prodi zurück - doch der winkte dankend ab.