Teheran und Washington reden wieder miteinander. Die beiden Erzrivalen, die seit der islamischen Revolution von 1979 keine diplomatischen Beziehungen unterhalten, mussten bei der Irak-Konferenz in Ägypten notgedrungen über ihren Schatten springen.
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Doch die einträchtig nebeneinander flatternden amerikanischen Sternenbanner und die grün-weiß-rote Nationalflagge des Iran, getragen von der Brise des Roten Meeres, täuschten über die Realität hinweg.
Die diplomatischen Erfolge sind spärlich, die Symbolik sprach aber für sich. Im Rampenlicht des "who is who" des Nahen Ostens standen also US-Außenministerin Condoleezza Rice und ihr iranischer Amtskollege Manouchehr Mottaki, um mit allen anderen zu beraten, wie der Irak doch noch stabilisiert werden könnte - und über finanzielle Hilfen und einen Schuldenerlass für Bagdad zu sprechen.
Zuvor hatte Iraks Ministerpräsident Nuri al-Maliki um Unterstützung für sein Land geworben, war jedoch in Saudi-Arabien abgeblitzt. Die Saudis sind nicht davon angetan, dass al-Maliki Härte gegenüber einigen Gruppen im Irak zeigt, den Iran aber "gewähren" lässt. Riad ist offenbar überzeugt, dass das Regime nichts zu einem Konsens beitragen kann.
Die Sicherheitsoperation in Bagdad läuft im dritten Monat ohne eine Verbesserung der Lage, was bestätigt, dass der Irak mit militärischen Mitteln allein nicht zur Normalität findet. Außerdem ist die von Schiiten geprägte irakische Regierung in der arabisch-sunnitischen Welt unpopulär und isoliert. Dies zeigt, dass die Rivalität zwischen dem schiitischen Iran und dem sunnitischen Saudi-Arabien die Entwicklung im Irak stark prägt. Fazit: Washington erkennt an, dass es der Unterstützung Teherans bedarf, um gegen die schiitischen Milizen vorzugehen; Saudi-Arabien hingegen fordert eine Beteiligung der arabischen Sunniten an der Politik, die sicherstellt, dass der Iran über Bagdad nicht zu einer Destabilisierung der Staaten auf der Arabischen Halbinsel ansetzen kann.
Zweifelsohne hat Teheran die Mittel gefunden, um seinen Einfluss auszubauen: Ein weites Netz an Informanten, iranische Revolutionsgardisten im Südirak und so weiter.
Irans Ziel ist es, den Irak nicht zu einer politischen, militärischen oder ideologischen Bedrohung werden zu lassen. Würde der Irak doch noch zu einer Erfolgsgeschichte, würde er dem iranischen System als alternatives politisches, demokratisches und sogar schiitisches Modell Konkurrenz machen. Gleichzeitig fürchtet Teheran auch, dass die Unruhen und der Bürgerkrieg überschwappen können. Daraus ergibt sich eine iranische "Strategie des Gleichgewichts". Ein unabhängiger, vereinter Irak soll mit seiner mehrheitlich schiitischen Regierung den US-Einfluss eindämmen.
So hat sich im Zwist zwischen Washington und Teheran ausgerechnet der Irak als amerikanische Achillesferse erwiesen, von dem vor allem der Iran profitiert.