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Weniger Touristen, weniger Konsum: Thailands Wirtschaft leidet unter der politischen Krise. Gleichzeitig sind Investoren Unruhen gewohnt.
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Wien/Bangkok. Sie kommt aus einer der reichsten thailändischen Familien und mischt mit ihren 27 Jahren schon kräftig in der Politik mit. Chitpas Bhirombhakdi ist bekannt als die "Singha-Erbin", ihre Familie braut nämlich eines der meistverkauften Biere in Südostasien. Und die in England ausgebildete Chitpas marschiert bei den seit Monaten anhaltenden Protesten gegen die Regierung in vorderster Reihe. Schnell distanzierten sich aber Familienmitglieder von der Aktivistin: Denn die regierungsfreundliche Landbevölkerung im Nordosten des Landes boykottierte wegen Chitpas Auftreten plötzlich das Singha-Bier.
Dank üppiger Subventionsprogramme hat die Regierung von Premierministerin Yingluck Shinawatra bei den Reisbauern und kleinen Geschäftsleuten im Nordosten des Landes ihren Rückhalt. Ihr gegenüber steht eine Protestbewegung, die Yingluck vorwirft, nur eine Marionette ihres wegen Korruption verurteilten Bruders, des im Ausland lebenden Ex-Premiers Thaksin Shinawatra, zu sein. Chitpas ist keine untypische Vertreterin für die Protestbewegung, rekrutiert sich diese doch hauptsächlich aus der städtischen Ober- und Mittelschicht.
Die mit der oppositionellen Demokratischen Partei verbandelten Demonstranten haben Teile Bangkoks lahmgelegt und Regierungsgebäude belagert, die Funktionsfähigkeit der Regierung ist eingeschränkt. "Die politische Krise schmerzt die thailändische Wirtschaft ", sagt Gustav Gressel, österreichischer Wirtschaftsdelegierter in Bangkok. Wie hoch der Schaden insgesamt sei, könne aber noch niemand abmessen, betont Gressel bei einem Gespräch mit Journalisten in Wien.
Klar ist aber, in welchen Bereichen sich die Krise auswirkt. Nämlich etwa dort, wo der Staat eine große Rolle spielt. Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit der EU kommen nicht voran, weil niemand weiß, ob die thailändische Regierung morgen noch im Amt ist. Ein Infrastrukturprojekt, bei dem im Transportbereich umgerechnet etwa 50 Milliarden Euro investiert werden hätten sollen, ist vorerst gestoppt. Hinzu kommt, dass die Inlandsnachfrage und damit auch das Wirtschaftswachstum zurückgehen. Und einige Touristen, vor allem aus China, blieben wegen der Unruhen dem Land fern.
Gleichzeitig besitze Thailand aber "eine Stabilität in der Instabilität", betont Gressel. Denn politisch ruhig war es selten in dem Land. 18 Mal hat das Militär seit 1932 geputscht. Und auch die gegenwärtige Krise zieht sich schon seit Jahren, wobei einmal die eine und einmal die andere Seite an der Macht ist.
Ausländische Großinvestoren haben sich an die Unruhen gewöhnt und wissen: Wer auch immer regiert, sie werden nicht angetastet werden. Auch von den jüngsten Demonstrationen war die exportierende Privatwirtschaft nicht betroffen, berichtet Gressel. Thailand ist mittlerweile weltweit der neuntgrößte Automobilproduzent und besitzt auch eine starke IT-Industrie.
Die österreichische Wirtschaft ist, wie so oft in Asien, auf Nischen spezialisiert, und dabei etwa im Maschinenbau tätig. Die österreichischen Exporte nach Thailand gingen jedoch von 294Millionen Euro im Jahr 2012 auf 278 Millionen Euro 2013 zurück. Auch hier kam der Rückgang erst mit dem Beginn der Unruhen, die im Herbst 2013 losgingen, erklärt Gressel.
Mittlerweile gibt es jedoch Anzeichen, dass sich die Lage in Thailand zumindest vorübergehend beruhigt. Die Demonstrationen sind zurückgegangen, und auch die Senatswahl lief am Sonntag friedlich ab. Der Senat, der zur Hälfte ernannt wird, ist neben dem Abgeordnetenhaus die zweite Parlamentskammer. Er könnte ein Amtsenthebungsverfahren gegen Premierministerin Yingluck einleiten. Deren Partei wurde jedoch bei der Wahl ein Erfolg - Ergebnisse standen vorerst noch nicht fest - prognostiziert.