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Stadtbeschau auf Schiene

Von Andreas Rauschal

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Fjodor Michailowitsch Dostojewski war kein Freund des Spaziergangs - das (und vieles mehr) erfuhr man am Donnerstag auf "Arte". Dort führte, neben anderen, mit dem Urenkel des Literaten ausgerechnet ein pensionierter Straßenbahnfahrer durch St. Petersburg.


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Im Rahmen der Reihe "Mit dem Zug durch.. ." wurde diesmal die russische Fünf-Millionen-Metropole erkundet, die - man mochte es angesichts der derangierten Straßenbahngleise und -garnituren kaum glauben - stets in Bewegung ist.

Das Format, ein als Stadtbeschau auf Schiene gehaltener Reisebericht mit historischen Anekdoten, koppelte den melancholischen Grundgehalt des Reisens mit dem Wesen einer melancholischen Stadt. "Sie eignet sich gut fürs Traurigsein", wie es eine junge Designerin formulierte. Deren mit dem Vorortzug zu absolvierender Arbeitsweg von der Plattenbau-Suburbia in Richtung einer zunehmend westlich orientierten Metropole schien exemplarisch für ein zwischen Gestern und Morgen gefangenes Russland. Der Aufbruchsstimmung St. Petersburgs wurden die Reliquien der Vergangenheit gegenübergestellt - von den klassizistischen U-Bahn-Stationen bis hin zum Witebsker Bahnhof, von dem einst die erste russische Eisenbahnstrecke nach Zarskoje Selo ("Zarendorf") führte.

"Das alte Leben lässt man hinter sich, und ein neues fängt an. Also ist der Zug für mich der Beginn von etwas Neuem", so die Designerin. Einen ähnlichen Sachverhalt formulierte einst nur Tom Waits noch poetischer: "It was a train that took me away from here / But a train cant bring me home."