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Konzept der Stadtregionen soll sich in der Raumentwicklung widerspiegeln.
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Alpbach/Wien. Und plötzlich war da die Kuppel. In der Fernsehserie "Under the Dome" wird eine amerikanische Kleinstadt durch eine Kuppel vom Umland abgeschnitten. Wie organisiert sie ihr Zusammenleben, wo kommen notwendige Produkte her, wie sieht die medizinische Versorgung aus? Das sind nun die Fragen, die - neben allerlei mystischen und kriminellen Verwicklungen, die solche Serien mit sich bringen - zu klären sein werden.
In der Realität gibt es solche Kuppeln zwar nicht, dennoch bekommt man immer wieder den Eindruck, dass Städte nur für sich stehen. Wenn Parkpickerl geschaffen werden, die aus dem Umland einpendelnde Arbeiter vor Schwierigkeiten stellen. Oder umgekehrt, wenn vor den Toren der Stadt riesige Einkaufszentren auf der grünen Wiese entstehen. Bei den Baukultur-Gesprächen rund um das Thema wachsende und schrumpfende Städte in Alpbach wurde dabei immer wieder darauf hingewiesen, dass Städte nicht für sich alleine stehen, sondern mit dem Umland gemeinsam entwickelt werden sollten. Auch im Hinblick auf schrumpfende Ressourcen und knapper werdende Flächen wird dies als zukunftsfähiger, "smarter" Ansatz gesehen.
Städte wachsen weltweit. Laut Schätzungen der UNO werden bis 2050 rund 70 Prozent der Menschen in urbanen Regionen leben. Kernstädte können dabei nicht immer dem wachsenden Siedlungsdruck gerecht werden und die für die steigende Bevölkerungszahl notwendige Infrastruktur - zum Beispiel Wohnungen - im benötigten Ausmaß schaffen. Dies führt dann zu hohen Mieten. Wien hat laut Wohnbaustadtrat Michael Ludwig gut vorgesorgt. Im Schnitt der vergangenen Jahre wurden rund 6500 Wohnungen errichtet, um leistbaren Wohnraum zu schaffen. Graz, eine weitere wachsende Stadt, schaffe es kaum, der wachsenden Nachfrage nach Wohnraum Herr zu werden, hieß es bei den Baukulturgesprächen in Alpbach. Geht die Zuwanderung dort doch auch zu Lasten der Obersteiermark, wo sich der Leobener Bürgermeister über die schlechten Schnellbahnverbindungen echauffiert.
"Gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen"
Auch in München ist die Wohnsituation, vor allem die Mietensituation, nicht berauschend. In Bayern wurde in diesem Jahr eine Gesamtreform der Raumordnung abgeschlossen, erklärte Karl Schumacher vom zuständigen bayrischen Wirtschafts- und Infrastrukturministerium. Dabei wurde auch erkannt, dass überörtliche Regelungen erforderlich sind, damit die Stadt dem Siedlungsdruck besser entgegnen kann. Ziel der Raumordnung in Bayern ist es, eine breite Siedlungsstruktur im dicht besiedelten Land Bayern (größtes Flächenbundesland Deutschlands) zu gewährleisten - und so auch Wanderungsbewegungen vom Land in die Metropolen zu reduzieren.
Nun gilt die Devise, dass Flächen gespart werden müssen. An zweiter Stelle folgt - um dies zu erreichen - die Innenentwicklung, also die Nutzung von zum Beispiel Leerständen in urbanem Umfeld. Wichtig ist außerdem, dass Freiräume erhalten bleiben müssen - neue Baugebiete dürfen nun grundsätzlich nur in Anbindung an eine bestehende Siedlungsstruktur gewidmet werden.
"Das Credo des Landesentwicklungsplans in Bayern ist, dass wir auf den guten Strukturen, die vorhanden sind, aufbauen wollen", führte Schumacher aus. "Das heißt, dass wir auch im ländlichen Raum gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen für die Menschen erhalten müssen. Dazu gehört, dass man die Daseinsvorsorge sichert. Schulen, Hochschulen, Banken, Versorgung, Altenpflege, das muss alles in erreichbaren Größenordnungen vorhanden sein."
Zusammenarbeit über Stadtgrenzen hinaus
Da Raumordnung in Österreich Ländersache ist, bedarf es im Falle von Wien einer Kooperation mit den angrenzenden Bundesländern Niederösterreich und Burgenland. Wiens Wohnbaustadtrat Michael Ludwig wies darauf hin, dass es notwendig ist, bewährte Strukturen und Kooperationen in der Region Ost zu vertiefen und auszubauen. Für den Raum Wien ist in den kommenden Jahrzehnten ein Bevölkerungswachstum von 400.000 bis 600.000 Personen prognostiziert, wovon zwei Drittel auf die Kernstadt und ein Drittel auf das Umland entfallen sollen.
Um den mit diesem Wachstum auftretenden Fragen und Problemen sozialer, wirtschaftlicher und auch ökologischer Natur zu begegnen, gibt es seit die "Stadtregion+". "Im Rahmen dieser Zusammenarbeit gibt es bereits ein Abkommen aller Landeshauptleute, in Planungsfragen verstärkt zusammenzuarbeiten", erklärte Ludwig. Ziel sei es, mit einer regionalen Boden- und Siedlungspolitik, die mit dem öffentlichen Verkehr abgestimmt ist, wichtige Impulse zu setzen.
Auch der Städtebund setzt auf "smarte Stadtregionen". Seit 2009 wurde an dem Konzept gearbeitet, 2011 wurde der Begriff in das österreichische Raumentwicklungskonzept (ÖREK) hineinformuliert, erzählt Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger stolz der "Wiener Zeitung". Er ergänzt: "Ein Thema, das uns gerade sehr beschäftigt, ist die Mobilität über die Stadtgrenze hinaus." Und er führt das Beispiel von Leoben an, einer schrumpfenden Stadt in der Obersteiermark, deren Einwohner vor allem nach Graz abwandern. Während Graz mit dem Siedlungsdruck aber überfordert sei, wie es der Leobener Bürgermeister Matthias Konrad in Alpbach schilderte, stünden nun dort Wohnungen leer. Mit einer "gscheiten Schnellbahnverbindung würde da schon einiges weitergehen", sagen sowohl Konrad als auch Weninger, könnten doch Menschen so in Leoben bleiben und nach Graz zum Arbeiten pendeln.
Derzeit finden laut Städtebund Bemühungen im Rahmen der Österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK) statt, Aufmerksamkeit für die Thematik der Stadtregionen zu bekommen. Das sei bisher ganz gut gelungen, heißt es aus dem Städtebund. So fand im Mai der erste Stadtregionstag in Graz statt. Die Umsetzung sei eine eigene Herausforderung, weil die Zusammenarbeit mit den Kommunen schwierig sei, aber es bestehe Diskussionsbereitschaft. Kooperation wäre auch wichtig, um nicht unter einer Kuppel zu leben.