Mit der Übernahme des Versicherungsgeschäfts der Erste Bank festigt die Wiener Städtische nicht nur ihre Position als größter Versicherer im heiß umkämpften österreichischen Markt. Der spektakuläre Deal katapultiert die Assekuranz, die im Ausland seit kurzem unter dem Namen "Vienna Insurance Group" auftritt, zugleich auch an die Spitze der in Zentral- und Osteuropa tätigen Versicherungsgesellschaften.
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Bisher spielte Städtische-Chef Günter Geyer in dieser aufstrebenden Wirtschaftsregion nur die zweite Geige - jetzt ist es die erste. Seit langem hatte der als überaus ambitioniert geltende Top-Manager daran gearbeitet, den bisherigen Platzhirschen, den deutschen Allianz-Konzern, im Osten vom Thron zu stoßen. Der Preis, den die Städtische für diesen Coup zahlt, ist freilich nicht ohne - 1,445 Milliarden sind es. Und selbst Geyer bezeichnet diese Summe als "stolz". Allerdings hält er sie gleichzeitig auch wieder für "sehr, sehr vertretbar", zumal er die Ertragsperspektiven für die Städtische - gerade in Osteuropa - nach wie vor rosig sieht. Um den Deal zu stemmen, muss der Städtische-General an den Finanzmärkten aber frisches Geld aufnehmen: über eine Kapitalerhöhung und eine Anleihe.
Der Milliarden-Streich - Geyer will ihn in nur wenigen Tagen ausverhandelt haben - ist ein endgültiger Beweis dafür, dass aus dem langjährigen Flirt zwischen Wiener Städtische und Erste Bank ernst geworden ist. Hatten sich die beiden Häuser schon zuletzt öffentlichkeitswirksam in Szene gesetzt (man denke nur an die Kooperation bei der sogenannten Zweite Bank), wird jetzt der ohnehin bestehende Schulterschluss im Vertrieb von Bank- und Versicherungsprodukten massiv in Richtung Osteuropa ausgeweitet.
Die für zumindest 15 Jahre geschlossene Vertriebs-ehe stärkt die gemeinsame Position in einem Markt mit 120 Millionen Menschen. Neben Österreich wollen Städtische und Erste Hand in Hand Ungarn, die Slowakei, Tschechien, Kroatien, Rumänien, Serbien und die Ukraine beackern.
Diese Vertriebsehe mit einer anteilsmäßigen Kapitalverflechtung zu besiegeln, davon scheinen beide Partner - zumindest derzeit - jedoch nichts wissen zu wollen. Nichtsdestoweniger bricht die Wiener Städtische nach und nach verbleibende Brücken zu anderen Banken und Versicherungen ab.
Die Mehrheit an der BA-CA Versicherung wird gerade - auch aus kartellrechtlichen Gründen - auf das nötige Maß reduziert, damit die Bank Austria aus einem bis ins Jahr 2014 laufenden Vertriebsvertrag nicht aussteigen kann. Und die Kooperation mit der Wüstenrot-Versicherung, an der die Städtische knapp ein Drittel der Anteile hält, ist für Geyer ohnehin "ein bisschen Geschichte". Schließlich verkauft die Städtische schon seit geraumer Zeit die Bausparprodukte der Konkurrenz aus dem Sparkassensektor.