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SPÖ spricht von "unwürdigem Österreich-Bashing" der ÖVP.
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Wien/Alpbach. Mit näher rückendem Wahltermin wird auch die Wortwahl der Politiker deftiger. Arbeiterkammer-Direktor Werner Muhm, ein SPÖ-Mann, reagierte am Mittwoch wütend auf kritische Äußerungen von Finanzministerin Maria Fekter und Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl (beide ÖVP) zur Qualität des Wirtschaftsstandortes. Leitl sieht ihn "zum europäischen Durchschnitt abgesandelt". Fekter bezeichnete ihn als "ramponiert", weil der Bundeskanzler als "Sprachrohr des Landes" von Reichen- und Betriebssteuern rede.
"Ramponiert und abgesandelt sind falsche und unwürdige Begriffe, das hat sich Österreich nicht verdient", reagierte zuerst Staatssekretär Andreas Schieder (SPÖ). Muhm legte nach: "Ich verstehe den höheren Sinn nicht, warum die Spitzen der Wirtschaft ständig die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs schlechtreden. Damit verleugnen sie gemeinsam erreichte Erfolge der Sozialpartner und der Regierung."
Muhms Rechnung: "Die durchschnittliche Eigenkapitalrendite der Industrie liegt bei 23 Prozent. Die Industrieproduktion in Österreich hat sich weit über dem Durchschnitt der Eurozone und der EU entwickelt und ist kräftiger gewachsen als in Deutschland. Unsere Güter und Dienstleistungen verkaufen sich bestens, die Leistungsbilanz ist seit über zehn Jahren positiv. Österreich hat die drittbeste Entwicklung in der EU bei der Beschäftigung. Und Investoren vertrauen Österreich, denn der Zinssatz für Staatsanleihen ist auf historischem Tiefstand."
Die Debatte um den Wirtschaftsstandort hatte vor Tagen Finanzministerin Maria Fekter begonnen, die sich auf eine "Studie aus dem Finanzministerium" und den dort errechneten Verlust von 70.000 Arbeitsplätzen bezog - mit Fingerzeig auf Kanzler und SPÖ-Obmann Werner Faymann.
Investoren lässt der Wahlkampf kalt
Die Studie wurde nie publiziert, und brachte Fekter einiges an Häme ein. Eines der darin genannten Unternehmen - Nespresso - widersprach öffentlich. Die SPÖ sezierte diese Studie genüsslich, ein E-Mail von Staatssekretär Josef Ostermayer an Fekter mit der (unerfüllten) Bitte um Übermittlung der Studie fand so ihren Weg in die "Krone".
Die gute Nachricht insgesamt: Der verbale Schlagabtausch der beiden Regierungsparteien um die Güte des Wirtschaftsstandortes wird diesen kaum kratzen. "Manager und Investoren wissen, dass in Österreich Wahlkampf ist", sagte der Österreich-Chef eines großen ausländischen Konzerns zur "Wiener Zeitung". "Auch in Deutschland wird im Wahlkampf Blödsinn geredet. Das wird in der Wirtschaft nicht so ernst genommen. Die Standortfaktoren werden ja nicht im Wahlkampf bestimmt."
Diese Faktoren hat der frühere Finanzminister und jetzige Industrielle Hannes Androsch in seinem neuen Buch "Das Ende der Bequemlichkeit" aufgelistet. Eine der dort genannten sieben Thesen passt zur aktuellen Standort-Diskussion: Populismus ist die falsche Antwort auf populistische Strömungen.
Androsch fordert darin auch "mehr Europabewusstsein und weniger Nationalstolz". Was übrigens auch Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl möchte, der sich am selben Tag bei einer Veranstaltung mit ÖGB-Präsident Erich Foglar in Alpbach deutlich weniger wahlkämpferisch zeigte. "Unsere wichtigste Aufgabe auf nationaler und europäischer Ebene ist die Sicherung unseres europäischen Standortes im globalen Wettbewerb, um Beschäftigung und soziale Standards auch in Zukunft sichern zu können."
Mehr Europabewusstsein, weniger Nationalstolz
Auch Foglar forderte von der Politik mehr Informationen über Europa anstatt politisches Kleingeld zu wechseln. Bis zum 29. September wird dies ein frommer Wunsch bleiben. Christoph Matznetter (SPÖ) kritisierte das "Österreich-Bashing der ÖVP", und ÖVP-Generalskretär Hannes Rauch ließ sich auch nicht lumpen: "Faymann und die SPÖ sind der plakatierte Stillstand."