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Standorte: Wo und Wie?

Von Rainald Edel

Wirtschaft

Lohnkosten und Qualifikation als Entscheidungshilfen. | Personalsituation und Arbeitsrecht sehr unterschiedlich. | Wien. Hohe Lohnkosten, Steuern und Auflagen veranlassen viele Konzerne in den EU15-Staaten ihre Produktionsstandorte in für sie wirtschaftlich günstigere Länder beziehungsweise Regionen zu verlagern. Zudem erfordert der globale Wettbewerb möglichst rasch in den aufstrebenden Märkten in Osteuropas, Asiens oder Südamerikas vertreten zu sein. Dennoch misst die Managerelite dieser Markterschließung mittlerweile weniger Bedeutung zu als den Personalfragen. Das ergab eine 2007 durchgeführte Studie des Beratungsunternehmen Cushman & Wakefie, bei der Managern von Europas 500 größten Unternehmen befragt wurden. In diesem Sinn ist es auch nicht verwunderlich, dass zwar die knappe Mehrheit der Führungskräfte die neuen EU-Länder als primäres Expansionsziel genannt hat - London, Paris und Frankfurt aber seit 17 Jahren unangefochten an der Spitze der beliebtesten europäischen Wirtschaftsstandorte liegen.


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Denn: "Geeignete Mitarbeiter für einen neuen Firmensitz zu finden kann mitunter zu einer größeren Herausforderung werden, als es sich die Unternehmer im ersten Moment vorstellen", meint Stefano Longo, Manager beim international tätigen Personaldienstleister Adecco, der hier eine Marktlücke erkannt hat. Daneben bietet auch die Wirtschaftskammer Österreich Hilfe bei der Standortwahl mit ihrer Außenhandelsorganisation.

Rekrutierungsplan nötig

Eine Strategie und ein entsprechender Rekrutierungsplan sind für einen erfolgreichen Start an einem neuen Standort enorm wichtig, denn die Vorteile geringer Personalkosten verflüchtigen sich bald, wenn hier nicht langfristig geplant wird, fasst Longo die Schlüsselfaktoren zusammen. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Ländern, aber auch zwischen den Regionen innerhalb der einzelnen Länder seien teilweise enorm. So würde beispielsweise ein Produktionsarbeiter in Prag jährlich etwa 9000 Euro verdienen, in Bukarest aber nur etwa ein Drittel dessen. Selbst innerhalb der Tschechischen Republik würde das Gehalt für ein und die selbe Position, je nach Region, um bis zu 20 Prozent variieren. "Daher ist es wichtig im Vorfeld zu klären mit welchen Vor- und Nachteilen man im jeweiligen Land zu rechnen hat oder welche Fördermittel seitens der EU oder des jeweiligen Staates für eine bestimmte Region gewährt werden", erklärt Robert Luck, Regionalmanager für Westeuropa in der Außenwirtschaftsorganisation der Wirtschaftskammer.

Sprachbarrieren

Neben den Personalkosten sind die verfügbaren Qualifikationen für die Standortwahl ausschlaggebend. Denn es habe wenig Sinn, sich in einer Region niederzulassen, wo zwar die Personalkosten niedrig, jedoch die gesuchten Qualifikationen nicht verfügbar seien. Nicht immer ist es möglich, das geeignete Personal persönlich und vor Ort auszuwählen. "Sprachbarrieren und unterschiedliche Schul- und Berufsausbildungen sind bei der Suche nach qualifizierten Kräften erschwerend", schildert Luck. International agierende Konzerne haben deshalb die Personalauswahl meist an lokale Personalberatungsfirmen ausgelagert. Die Wirtschaftskammer bietet im Zuge ihrer Beratungstätigkeit die Möglichkeit, dass die Außenhandelsstelle im jeweiligen Zielland Personalinserate schaltet und eine Vorselektion der Bewerber durchführt. "Vor allem bei klein- und mittelständischen Unternehmen erfolgt die Mitarbeitersuche meist über uns", sagt Luck. Ein weiterer wesentlicher Punkt bei der Standortberatung durch die Kammer sei auch der Bereich Arbeitsrecht. So ist beispielsweise einer Kündigung in Skandinavien immer zu begründen. "Erfolgt die Trennung aus wirtschaftlichen Gründen, darf die so freiwerdende Stelle nicht nachbesetzt werden", erklärt Luck.