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Stark schwankende Klimaschaukel durch El Niño

Von Roland Knauer

Wissen
El Niño bringt auch das Wüstenklima durcheinander.
© R. Knauer

"Das Christkind" hält seit etwa 6900 Jahren das Weltklima auf Trab.


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Berlin. Wenn um die Weihnachtszeit in der Wüste an der südamerikanischen Pazifikküste heftige Regenfälle Straßen wegwaschen und in Indonesien eine anhaltende Dürre Regenwaldflächen in Flammen aufgehen lässt, steckt dahinter ein Klimaphänomen, das peruanische Fischer seit vielen Jahren als El Niño - das Christkind - bezeichnen.

Im 20. und 21. Jahrhundert brachte dieses Ereignis alle zwei bis sieben Jahre das Wetter auf fast drei Vierteln der Erde durcheinander und fiel dabei sehr unterschiedlich aus: Mal äußerst heftig und mit katastrophalen Folgen, ein anderes Mal dagegen mit eher geringen Auswirkungen. Genauso variabel verhält sich El Niño seit mindestens 6900 Jahren, schließen Kim Cobb vom Georgia Institute of Technology in Atlanta, Niko Westphal von der Eidgenössisch-Technischen Hochschule in Zürich und ihre Kollegen im Fachblatt "Science" aus den Korallen der Weihnachts- und der Fanning-Insel im Pazifik.

Alle paar Jahre Veränderung

Die Atolle liegen nicht weit vom Äquator im Zentrum der El Niño-Ereignisse. Normalerweise sind die Wassertemperaturen weit östlich der Inseln in der Nähe der südamerikanischen Pazifikküste mit Temperaturen von allenfalls 24 Grad Celsius für tropische Gewässer recht niedrig. Gleichzeitig sorgt ein Hochdruckgebiet über dieser Region für trockenes Wüstenklima. Auf der anderen Seite des Pazifiks zeigt sich zwischen Südostasien und dem Norden Australiens ein ganz anderes Bild: Die Wassertemperaturen liegen mit 28 Grad Celsius recht hoch und ein ausgeprägtes Tiefdruckgebiet liefert diesen Gebieten reichlich Regen. Alle paar Jahre aber ändert sich die Situation drastisch. Dann bringt ein Hochdruckgebiet Indonesien und dem Norden Australiens lange Trockenperioden, während sich der Pazifik vor Südamerika kräftig erwärmt und Tiefdruckgebiete den Küstenwüsten des Kontinents starke Niederschläge bescheren.

Dieses Phänomen verändert auch die Witterung in anderen Regionen der Erde: Im Amazonasregenwald wird es trockener, im Atlantik und im westlichen Pazifik gibt es viel weniger Hurrikane und Taifune. In Ostafrika regnet es in Äquatornähe mehr, weiter im Süden aber fallen die Niederschläge spärlicher. Auf der Weihnachts- und der Fanning-Insel wird es wärmer und es regnet mehr.

Dort holten die Forscher jetzt lebende Korallen aus dem Meer und bohrten versteinerte Riffe an, die bis zu 6900 Jahre alt waren. Mit der Uran-Thorium-Messmethode bestimmten sie auf den Monat genau, wann die verschiedenen Schichten dieser Korallen gewachsen waren. In jedem Millimeter analysierten sie den Gehalt des Sauerstoff-Isotops-18, der während eines El Niños niedriger als zu anderen Zeiten ist. Über den gesamten Zeitraum von beinahe 7000 Jahren zeigte sich ein ähnliches Bild: Sowohl die Abstände zwischen zwei El Niño-Ereignissen wie auch deren Stärke variierten stark.

Bekannte Faktoren

Zwar hat im 20. Jahrhundert die Variabilität zugenommen, noch stärkere Unterschiede aber entdeckten die Forscher am Anfang des 17. Jahrhunderts. Keinen Zusammenhang aber fanden sie mit den bekannten Faktoren, die das Weltklima beeinflussen wie zum Beispiel die Aktivität der Sonne oder das starke Freisetzen von Kohlendioxid beim Verbrennen von Kohle, Erdöl und Erdgas. Sollte der dadurch ausgelöste Klimawandel die El Niño-Aktivität beeinflussen, könnte man das wohl erst nach mehreren Jahrhunderten beweisen, vermuten die Forscher.