Atomstreit: Warten auf die Antwort aus Teheran. | USA sind in einer "Win-Win"-Situation. | Nun geht das Warten los. Bis Mitte Juli hat der Iran Zeit, auf das in Wien verfasste Angebot zur Abschwächung des Atomstreits zu antworten. Der Westen ist hoffnungsfroh - schon die eingeschränkte Urananreicherung wird als positives Zeichen gewertet, auch wenn nicht klar ist, ob sie nicht nur auf die Altersschwäche der Uranzentrifugen zurückzuführen ist.
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Juli ist also das Datum, an dem die Differenzen zwischen dem Westen und China, vielleicht auch Russland, wieder stärker zu Tage treten werden. Denn der Wiener Kompromiss, dessen Bedingungen noch nicht vorliegen, übertüncht nur vorübergehend die Differenzen.
Aber immerhin: Allein "die Anwesenheit von Condoleezza Rice in Wien ist ein Zeugnis für das Bestreben, den Graben zwischen Europa und den USA zu überwinden", erklärte der US-Chefdiplomat der Siebziger Jahre, Henry Kissinger, bei einem Vortrag in Wien. Dass sich die Positionen wieder angenähert haben, ist vor allem einem Nachgeben der USA zu verdanken.
Etliche Kommentatoren verweisen nämlich auf den grundlegenden Schwenk der US-Außenpolitik - nicht mehr ein Regimewechsel in Teheran sei das Ziel, sondern eine Änderung in der Atompolitik der iranischen Regierung. Die Einsicht ist aus der Not geboren: Man wollte eine Situation vermeiden, in dem man gegenüber Europäern, Russen und Chinesen allein dasteht. Außerdem erweisen sich die Folgen der Kriege im Irak und in Afghanistan, gegen die es keine geeinte Ablehnungsfront gab, als mühsamer und ressourcenaufwändiger als erwartet. Militärische Optionen, mit dem Risiko, die Region noch stärker zu destabilisieren, sind daher zur Zeit nicht opportun.
Auch das bedingte US-Angebot zu Direktgesprächen mit Teheran ist Resultat des Drucks von außen. Sogar der Iran selbst hatte die Amerikaner zur Beteiligung gedrängt, weil die Europäer ohne Zustimmung der USA ohnehin keinen Verhandlungserfolg zustande brächten. Mit dem Offert würde dem Land zumindest der ihm gebührende Respekt entgegengebracht, frohlockte man in Teheran.
US-Außenministerin Condoleezza Rice, der nachgesagt wird, dass sie bei Präsident George W. Bush genug Vertrauen genießt, um auch die stureren Falken in der Regierung übertönen zu können, hat die Lage genutzt und Vorschläge gemacht, die der Diplomatie größeres Gewicht verleihen.
Das Resultat ist eine "Win-Win"-Situation für die USA. Die Führungsmacht hat die Initiative ergriffen und nun den Iran in Zugzwang gebracht. Damit werden einerseits Russen und Chinesen bei der Stange gehalten. Andererseits kann man in Ruhe auf die Antwort auf Teheran warten. Fällt sie positiv aus, kann man einen Erfolg einheimsen. Bei negativem Bescheid kann man darauf verweisen, alles versucht zu haben - und die Partner wieder zu einer härteren Gangart drängen.