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Starke Österreich-Geschäfte in der Ukraine

Von Erika Bettstein, Kiew

Wirtschaft

Im Rahmen des Staatsbesuches von Bundespräsident Thomas Klestil fand am vergangenen Donnerstag in Kiew ein ukrainisch-österreichisches Wirtschaftsforum statt. Die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen basieren auf "langer und intensiver Zusammenarbeit", betonte Klestil zur Eröffnung, und sollen jedenfalls intensiviert werden. Dass die österreichischen Exportunternehmen nicht immer problemfrei in der ehemaligen Sowjetrepublik arbeiten können, machte Wirtschaftskammerpräsident Leopold Maderthaner zum Gesprächsthema. Die klare Absicht zur Lösung der vor allem steuerlichen und rechtlichen Probleme äußerten der ukrainische Präsident Leonid Kutschma und Wirtschaftsminister Viktor Kalnyk.


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Das internationale Interesse an der Ukraine ist groß: Die junge Republik mit rund 52 Millionen Einwohnern ist ein Hoffnungsmarkt, die neue Regierung unter dem ehemaligen Nationalbankgouverneur Ministerpräsident Viktor Juschtschenko bemüht sich um Anbindung an den Westen. Der Reformer Kutschma wurde im November 1999 wiedergewählt und konnte im April 2000 in einem Referendum seine Kompetenzen gegenüber dem Parlament weiter stärken.

Staatspolitik strebt zu EU und WTO

Kutschmas strategisches Ziel ist der Beitritt zu EU und WTO - und damit geht es ihm um Ausbau von Demokratie und Marktwirtschaft, um Beseitigung von Handelsbarrieren und Korruptionsbekämpfung.

Anliegen, denen Österreich volle Unterstützung zubilligt, wie aus Anlass des Staatsbesuches von Klestil und Außenministerin Benita Ferrero-Waldner mehrfach betont wurde.

"Bis 2010 soll die Ukraine zum Kreis der fortschrittlichen Technologieländer gehören", heißt es im wirtschaftlichen Strategiepapier Kutschmas. Privatisierungen und der Abbau von Steuerschulden sollen zur Budgetkonsolidierung 2000 auf ein Nulldefizit beitragen: Von insgesamt 12 Mrd. Dollar Auslandsschulden - die Hälfte bei IWF und Weltbank - sollen heuer 3 Mrd. beglichen werden. Meinungsunterschiede bestehen mit Russland hinsichtlich der Gasschulden: Die Ukraine spricht von 1 Mrd. Dollar, Russland verlangt 2,8 Mrd. Dollar. Dem gegenüber stehen Nationalbankreserven von 1,2 Mrd. Dollar, erhoffte Privatisierungserlöse von 450 Mill. Dollar, ein im ersten Quartal 2000 um 5,6% gewachsenes BNP, eine um 4,3% stärkere Industrieproduktion sowie einschneidende Verwaltungsreformen wie die Halbierung der Ministerienanzahl.

Steuersünder kommen an den Internet-Pranger

Immer noch, so klagen die Teilnehmer der österreichischen Wirtschaftsdelegation, gebe es aber 26 Behörden, die eine Betriebsschließung veranlassen können - Maderthaner nennt zudem eine "nicht nachvollziehbare Steuerpraxis" mit überhöhten Forderungen und mehreren Steuerprüfungen im Jahr sowie die generelle Rechtsunsicherheit als handelshemmende Probleme.

"Oft heißt es am Jahresanfang, heuer müssen Sie 15% mehr Steuern zahlen als im Vorjahr", bekräftigt Karl Sevelda von der Raiffeisen Zentralbank: "Dazu kommt eine staatliche Internet-Seite, auf der angebliche Steuersünder schon während eines laufenden Verfahrens quasi ,an den Pranger´ gestellt werden - andererseits bleibt der ukrainische Staat im Zuge der Mehrwertsteuerabzugsfähigkeit Milliardenbeträge schuldig."

Trotzdem ist Sevelda zufrieden, wurde doch der RZB am Mittwoch der Zuschlag für die Privatisierung des größten Aluminiumwerkes der Ukraine, Zaporizhia, erteilt. "Nach Abschluss der Due Diligence rechnen wir etwa im Oktober mit der Auktion - und einem Erlös von jedenfalls über 100 Mill. Dollar für den 68,01%- Staatsanteil", ergänzt Johann Jonach von der Raiffeisenbank Ukraine. Dass die Gespräche der hohen Politik "einen positiven Input auf die Geschäfte" haben, unterstreicht Anton Rappelsberger von der VA Tech. Diese rittert um die Erneuerung eines kalorischen Kraftwerkes bei Kiew, das bereits der kanadischen Northland Powers gehört. In der 1,8 Mrd. Dollar Gesamtinvestition wären für die VA Tech 800 Mill. Dollar Auftragsvolumen drinnen - ein Geschäft, das Klestil Kutschma "besonders ans Herz gelegt" hat.

Tschernobyl-Ausstieg begünstigt Energieprojekte

Das europaweite Anliegen nach Schließung des Unglücks-Kernkraftwerkes Tschernobyl begünstigt Energieprojekte zusätzlich. Noch im Mai erwartet Kutschma den Bericht einer Regierungs-Sonderkommission über ein Schließungs-Szenario. Die Ukraine will dafür aber auch westliche Unterstützung - im Juli wird in Deutschland eine Geberkonferenz abgehalten.

Stark gemacht hat sich Klestil auch für die Austrian Airlines. "Wir sind bei dem Anliegen nach Öffnung der Destination Lemberg mit einer leichten Abneigung der Behörden konfrontiert", erklärt Konstantin Balassopulos, General Manager der AUA in der Ukraine. Dabei habe die AUA als erste westliche Fluggesellschaft 1991 Kiew angeflogen, seit 1994 wird Odessa, seit 1996 Dnjepropetrowsk und seit 1998 Charkow angeboten. "Sagen Sie uns einen unaussprechlichen Ort, wir fliegen Sie hin - so haben wir damals die neuen Destinationen beworben", erzählt Balassopulos. Alle AUA-Flüge im Land werden in Kooperation mit Ukrain International Airlines geführt, an der die AUA 20% hält.

Österreich zählt zu den drei wichtigsten ukrainischen Handelspartnern und ist der viergrößte EU-Investor in der Ukraine. Im bilateralen Handel standen 1999 österreichischen Exporten von 1,8 Mrd. Schilling (minus 25,7%) Importe aus der Ukraine von 2,3 Mrd. Schilling (minus 10,6%) gegenüber, erklärte Handelsdelegierter Rudolf Thaler von der 1993 gegründeten Außenhandelsstelle in Kiew.