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Verhärtete Fronten zwischen fliegendem Personal und Management führten erneut zu Flugausfällen.
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Wien. Die Kollektivvertragsverhandlungen zwischen dem Management und dem fliegenden Personal (Piloten und Flugbegleiter) der Austrian Airlines (AUA) gestalten sich diesmal besonders schwierig. Am Donnerstag wurde in Schwechat eine Betriebsversammlung abgehalten, die zu Mittag durch einen halbstündigen Warnstreik unterbrochen wurde. Der Antrag sei "aus der Mannschaft gekommen", 1200 von 1200 anwesenden AUA-Mitarbeitern hätten für die Arbeitsniederlegung gestimmt, sagte Johannes Schwarcz, seit 15 Jahren Flugbegleiter bei der AUA und Vorsitzender des Fachbereichs Luftfahrt in der Gewerkschaft Vida.
Am Vormittag hatte die AUA bekanntgegeben, dass über 12.000 Passagiere umgebucht werden mussten. "150 Flüge - 40 Prozent des Tagesaufkommens - fallen aus", hieß es. Auslöser war die Entscheidung des Betriebsrates, Mitarbeiter schon ab 5.30 Uhr zu Gesprächen einzuladen und ihnen mit einem "Rahmenprogramm" die Zeit bis zum Beginn der Betriebsversammlung um 9.30 Uhr zu verkürzen.
Für AUA-Chef Kay Kratky ist dies umso ärgerlicher, zumal die AUA bereits vor zwei Wochen 140 Flüge ausfallen ließ - wegen angekündigter Betriebsversammlungen des fliegenden Personals, die dann jedoch wegen Erkrankung des Betriebsratsvorsitzenden nicht stattfanden. Es sei nicht nachvollziehbar und völlig inakzeptabel, "dass höhere Gehaltsforderungen noch dazu bei einem verschärften Wettbewerb auf dem Rücken unserer Kunden ausgetragen werden", so Kratky. In den KV-Verhandlungen geht es um Gehaltserhöhungen und Arbeitsbedingungen für rund 4000 Beschäftigte des fliegenden Personals. Ein im November von der Geschäftsführung vorgelegtes Angebotspaket, das für drei Jahre gelten soll, wurde vom Betriebsrat als "Frechheit" bezeichnet.
Laut AUA habe man eine Ist-Erhöhung um 2,1 Prozent für alle fliegenden Mitarbeiter angeboten, so hoch war auch die Inflationsrate im vergangenen Jahr. Darüber hinaus solle es höhere Einstiegsgehälter geben. Der Betriebsrat will aber mehr vom "Kuchen". Seit 2012 habe es so gut wie keine Erhöhungen gegeben, so Stratberger. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden derzeit real so viel verdienen wie 2010.
Das Vorgehen der Arbeitnehmervertreter stößt auch bei der Wirtschaftskammer auf Kritik. "Man hat den Eindruck, es geht darum, größtmöglichen Schaden anzurichten", sagte Alexander Klacska, Obmann der Bundessparte Transport und Verkehr.
Am Nachmittag nahm die AUA wieder den normalen Flugbetrieb auf. Beide Seiten wollen wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren.
Knochenjob über den Wolken
Trotz der stressigen Arbeitsbedingungen übt der Beruf der Flugbegleiterin/des Flugbegleiters noch immer eine hohe Faszination aus, vor allem auf junge Leute, die gerne die Welt sehen wollen. Mit zu romantischen Vorstellungen sollte man aber nicht in den Job einsteigen. Wenn nach dem Start die Zielflughöhe erreicht ist, die Anschnallzeichen erloschen sind und sich die Passagiere unterhalten oder lesen, beginnt der Knochenjob für das Kabinenpersonal.
Den Servierwagen durch den engen Gang schieben und Plastikbecher befüllen, während der Boden schwankt und sich ungeduldige Passagiere auf dem Weg zur Bordtoilette vorbeiquetschen wollen. Bei Turbulenzen Ruhe bewahren, gute Laune versprühen und höflich bleiben, auch wenn es so manchen Fluggästen an Respekt mangelt. "Es gibt welche, die schnipsen das Kabinenpersonal mit den Fingern herbei", sagt Flugbegleiter Johannes Schwarcz.
Ihn und seine internationalen Kolleginnen und Kollegen ärgern Ausdrücke wie "Saftschubse" oder "Luftkellner" gewaltig. Die Mitarbeiter in der Kabine seien in erster Linie für die Sicherheit der Passagiere zuständig, würden aber regelmäßig als Anlaufstelle für Beschwerden aller Art verstanden. Dazu kommen unregelmäßige Arbeitszeiten und ein Leben aus dem Koffer, denn oft bleiben in einer fremden Stadt nur ein paar Stunden bis zum Weiterflug. Bei Langstrecken kommt zudem der Biorhythmus ordentlich durcheinander.
Fluggesellschaften haben dennoch keine Probleme, fliegendes Personal zu rekrutieren. Unternehmer Niki Lauda etwa braucht für Laudamotion, die Nachfolge-Airline der insolventen Air-Berlin-Tochter Niki, noch 55 Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter bis Ende Juni und ist zuversichtlich, sie mittels Casting zu finden. Lauda will die Kabinenmitarbeiter ähnlich bezahlen wie die AUA.
Die AUA - sie beschäftigt derzeit rund 2600 Flugbegleiter, davon sind 90 Prozent weiblich - hat an die 1000 Bewerberinnen und Bewerber pro Jahr. "Das sind wesentlich mehr als früher", heißt es. Von den 1000 schaffen das Aufnahmeverfahren etwa 350 bis 400. Die AUA entlohnt das Kabinenpersonal mit einem Einstiegsgehalt von 21.000 Euro brutto im Jahr, inklusive Zulagen. Bei anderen Fluggesellschaften ist es teilweise noch weniger.
Nach fünf Dienstjahren liegt das Bruttojahresgehalt bei der AUA zwischen 23.500 und 25.200 Euro, ab 25 Dienstjahren bei bis zu 36.400 Euro. Hinzu kommen Funktionszulagen von rund 300 Euro im Monat. Bei Flügen mit Übernachtungen im Ausland gibt es zusätzlich Taggelder für die dortige Verpflegung sowie Freiflüge und Flugvergünstigungen für Mitarbeiter und Familienangehörige. Der Bordverkauf bringt Provisionen, die laut Schwarcz auch nicht mehr so üppig sind wie früher.
Journalistin Isabella Klausnitzer heuerte während ihres Lehramtsstudiums Anfang der 1980er Jahre bei der damals noch staatlichen AUA an. Sie weiß heute nicht mehr genau, wie hoch ihr Gehalt damals war, jedoch: "Im Vergleich zu dem, was ich als junge Lehrerin verdient hätte, war es ein Haufen Geld." Jede Airhostess - so wurden die Flugbegleiterinnen damals bezeichnet - galt als "Göttin der Lüfte." "Wir hatten ein unglaubliches Image", erzählt Klausnitzer.
Fliegen konnte sich damals noch nicht jeder leisten, die Flieger waren auch nicht so voll und eng wie heute, der Service stressfreier. Klausnitzer: "Man hat den Gast gehegt und gepflegt."