Grenznahe Lebensmittelhändler und Einkaufszentren sowie Tourismusregionen in Tirol und Vorarlberg profitieren.
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Wien/Bregenz. Der massive Kursanstieg des Franken ist für Debitoren in der eidgenössischen Währung ein Albtraum, für die grenznahen Regionen im Westen Österreichs aber auch ein Segen. Für Schweizer Konsumenten hat sich quasi über Nacht ein Einkaufstrip über die Grenze um 20 bis 30 Prozent verbilligt. Davon profitiert praktisch die gesamte Wirtschaft, besonders aber Tourismus, Gastronomie, die Lebensmittelbranche und Baumärkte.
Schweizer Kunden sorgen für 20 bis 25 Prozent des Umsatzes, erklärt Peter Pfeiffer, Geschäftsführer des Adeg-Lebensmittelmarkts im Vorarlberger Grenzort Höchst. Manche Händler kommen auf Spitzenwerte von 60, 70 Prozent. Die Bedeutung der Konsumenten von jenseits der Grenze könne gar nicht groß genug eingeschätzt werden, mitunter sei das gesamte Sortiment auf deren Vorlieben und Bedürfnisse ausgerichtet. Ganz oben auf der Einkaufsliste der Eidgenossen für Vorarlberg stehen Fleisch, Tabak, sämtliche landwirtschaftlichen Produkte sowie nunmehr auch Treibstoff. Aufgrund der Kursgewinne für Franken-Kunden dürfte sich, so vermutet Pfeiffer, nun das Einzugsgebiet für Konsumpendler ins Ländle noch um ein paar Kilometer über die unmittelbare Grenzregion hinaus erweitern.
Schweizer Käufer können Waren im Wert von 300 Franken pro Person zollfrei einführen, Fleisch ist mit einem Kilogramm, Zigaretten sind mit einer Stange limitiert. Zusätzlich können sich Grenzgänger noch ab 75 Euro vom österreichischen Staat die Mehrwertsteuer zurückholen, erklärt Pfeiffer - "das macht es für Schweizer noch einmal billiger, bei uns einzukaufen".
Bereits am Freitag hat der starke Franken spürbar mehr Schweizer zum Einkaufen in den Messepark Dornbirn gelockt. "Wir stellen verstärkt Schweizer Kennzeichen fest", sagt Messepark-Geschäftsführer Burkhard Dünser. Neben Lebensmitteln kaufen die Schweizer vor allem Schmuck, Elektroartikel und höherwertige Textilien. Bereits jetzt stammt jeder fünfte Kunde des Vorarlberger Einkaufszentrums aus der Schweiz. Kurzfristig sei mit mehr Schweizern zu rechnen. Auf lange Sicht gesehen fürchtet Dünser jedoch, dass die eidgenössische Wirtschaft durch den starken Franken Probleme bekommen könnte. Das könnte auch die rund 16.000 Grenzgänger aus Vorarlberg treffen.
Hoteliers mit Franken-Krediten
Weil der Urlaub in der Schweiz durch die Freigabe des Eurokurses teurer geworden ist, könnten bereits in der Wintersaison mehr Urlauber auf Österreich ausweichen, sowohl Schweizer als auch Italiener und Deutsche. "Grenznahe Gebiete haben einen Vorteil, vor allem Vorarlberg oder Tirol mit dem Arlberg könnten zu den Gewinnern zählen", sagt Petra Nocker-Schwarzenbacher, Tourismus-Spartenobfrau in der Wirtschaftskammer Österreich.
Die Entscheidung der Schweizerischen Nationalbank ist für die österreichischen Tourismusbetriebe ein zweischneidiges Schwert: "Nach wie vor haben einige Unternehmen aus der Hotellerie und Gastronomie Frankenkredite", sagt Nocker-Schwarzenbacher. Viele davon wurden vor zehn bis 15 Jahren aufgenommen, als der Tourismus stark investierte. Die Tourismusobfrau appelliert an die Banken, nicht sofort Nachbesicherungen einzufordern, weil die Kreditsumme durch die Franken-Aufwertung gestiegen ist.
Die Aufhebung der Bindung des Franken an den Euro trifft den drittwichtigsten Handelspartner Österreichs. Auf die österreichischen Exporte habe dies jedoch derzeit keine direkten Auswirkungen, sagt Gudrun Hager, österreichische Wirtschaftsdelegierte in der Schweiz. Ein Großteil der Ausfuhren in die Schweiz sind Arzneimittel und Rohstoffe für die Pharmaindustrie.