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Start der weltweit größten Kampagne zum Arbeitnehmerschutz in Österreich

Von Petra Tempfer

Politik

Sozialminister Alois Stöger hat die EU-Kampagne "Gesunde Arbeitsplätze für jedes Alter" eröffnet.


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Wien. Bis 2030 werden Arbeitnehmer zwischen 55 und 64 Jahren zumindest 30 Prozent der gesamten Arbeitskräfte ausmachen - oder sogar noch mehr. Das prognostiziert eine EU-Studie, auf deren Basis nun die EU-Kampagne "Gesunde Arbeitsplätze für jedes Alter" gestartet wurde. An ihr beteiligen sich 36 Länder, darunter alle EU-Staaten. In Österreich fand am Donnerstag im Sozialministerium die Auftaktveranstaltung dazu statt, die laut Minister Alois Stöger (SPÖ) die weltweit größte im Bereich Arbeitnehmerschutz ist.

"Gesunde Arbeitsplätze sind die Voraussetzung für einen Verbleib Älterer im Beruf. Wir brauchen einen Kultur- und Wertewandel: Ich lade daher die Unternehmen ein, diesen Wandel voranzutreiben. Denn von förderlichen Arbeitsbedingungen profitieren Arbeitnehmer, Unternehmen und die Gesellschaft insgesamt", sagte Stöger.

Wie dieser Wandel nun konkret aussehen soll, präzisierte Stöger so: Das Ministerium koordiniere die neue, zweijährige EU-Kampagne in Österreich und werde mit Sozialpartnern, Sozialversicherungsträgern und Unternehmensexperten bis November 2017 Aktivitäten zu dem Thema setzen. Diese reichten von Veranstaltungen über die Bereitstellung von Informationen bis hin zu Kontrollen durch die Arbeitsinspektion.

Letztere betonte, dass es einen enormen Nachholbedarf in Betrieben gebe. "Die Dringlichkeit des Themas ist vielen Unternehmen nicht bewusst", sagte Anna Ritzberger-Moser, Leiterin der Sektion Arbeitsrecht und Zentral-Arbeitsinspektorat im Sozialministerium. Um Arbeitsplätze an das jeweilige Alter der Arbeitnehmer anzupassen, seien drei Schritte nötig: Zuerst müsse man eine Altersstrukturanalyse durchführen, danach die belastenden Tätigkeiten identifizieren und schließlich die Arbeitsplätze entsprechend gestalten -zum Beispiel mit ergonomischem Mobiliar oder veränderter Arbeitszeit.

Reifeprüfung für Unternehmen

In der Privatklinik Graz Ragnitz wird das bereits praktiziert. "Wir schauen genau hin, wenn zum Beispiel eine langjährige Mitarbeiterin ihre Arbeit nicht mehr bewältigen kann, und planen mit ihr und der Arbeitsmedizinerin ganz konkret, wie wir den Arbeitsplatz, die Arbeitszeit oder die Tätigkeit anpassen können", sagt Pflegedirektorin Friederike Günther. "Damit sie uns bis zur Pension erhalten bleibt." Hilfe biete dabei das Beratungsprogramm "fit2work".

Dieses Programm hat das Sozialministerium 2011 ins Leben gerufen. Es bietet Beratung für gesundheitlich eingeschränkte Arbeitnehmer und für Arbeitgeber. Heute nehmen bereits 533 Betriebe daran teil.

Ziel der EU-Kampagne ist laut Ministerium auch, bereits bestehende Programme bekannter zu machen. Seit 2004 zum Beispiel veranstaltet das Sozialministerium den Wettbewerb "Nestor - Reifeprüfung für Unternehmen", im Zuge dessen Unternehmen motiviert werden sollen, mit innerbetrieblichen Maßnahmen ein alternsgerechtes Arbeitsumfeld zu schaffen. Vorreiter auf dem Gebiet des Generationenmanagements werden mit einem Gütesiegel ausgezeichnet. Die Online-Plattform www.arbeitundalter.at bündelt Tipps zum Thema alternsgerechtes Arbeiten speziell für kleine und mittlere Unternehmen.

Die Praxis zeigt nämlich laut Sozialministerium, dass größere Produktionsbetriebe meist weiter als Klein- und Mittelbetriebe im Dienstleistungssektor sind. Der Leuchtenhersteller Zumtobel etwa, der in Österreich 2200 und weltweit rund 7000 Mitarbeiter beschäftigt, kann offensichtlich aus dem Vollen schöpfen. Mario Wintschnig ist Arbeitsfähigkeitsbeauftragter, zudem gibt es Betriebspsychologen und Arbeitsmediziner. Auffällig ist laut Wintschnig dennoch, dass das Gros der Arbeitnehmer von Zumtobel in Österreich zwischen 40 und 50 Jahre alt sei. Nur zwei seien älter als 60. Auch ein großes Unternehmen wie Zumtobel müsse also daran arbeiten, dass die Mitarbeiter länger im Unternehmen bleiben.