Am Mittwoch beginnt der neue U-Ausschuss. Wie aufgeheizt die Stimmung diesmal sein wird, ist noch unklar.
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Überschattet vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, startet am Mittwoch in Wien der Untersuchungsausschuss zu Korruptionsvorwürfen gegen die ÖVP. Bei einem Hintergrundgespräch am Donnerstagabend gaben Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) und Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl eine Vorschau zum Untersuchungsstart.
Er sei optimistisch, dass der neue U-Ausschuss nüchterner als der vorangegangene ablaufen und es zu weniger Geschäftsordnungsdebatten kommen werde, sagte Sobotka, der im U-Ausschuss wieder den Vorsitz führt. Im Ibiza-U-Ausschuss hatten sich alle Fraktionen heftige Wortgefechte geliefert. Stundenlange Geschäftsordnungsdebatten unterbrachen vielfach den Befragungsfluss.
Eine Änderung der Verfahrensordnung gab es seit dem letzten U-Ausschuss allerdings nicht. Zwar waren sich alle Parteien einig, dass Reformen notwendig wären. Doch gingen die Differenzen bei den Klubs zur Umsetzung dann doch deutlich auseinander. Gespräche gab es nur auf Referentenebene. Auch aufgrund des geringen zeitlichen Abstands zwischen den Gremien versickerten ernsthafte Reformversuche.
Themen "breit formuliert"
Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl zeigte sich auch deutlich skeptischer als Sobotka. Er geht davon aus, dass sich die scharfe Tonalität im neuen U-Ausschuss weitgehend fortsetzt. Sorgen bereiten Pöschl auch die Beweisthemen. Zwar gebe es statt acht Beweisthemen wie beim Ibiza-Ausschuss dieses Mal nur vier. Allerdings seien die Themen "sehr breit" formuliert, sagt Pöschl "Da kann jeder über jedes Beweisthema stundenlang befragt werden." Das eröffne Raum für Unklarheiten und Konflikte.
Streitigkeiten gibt es wie beim Ibiza-U-Ausschuss auch über Sobotkas Vorsitzführung. Die Opposition hält den Nationalratspräsidenten für befangen: Er sei in zahlreiche Untersuchungsthemen verstrickt und komme als Auskunftsperson in Betracht. Sie fordert daher, dass Sobotka sich grundsätzlich vom Vorsitz zurückzieht und vertreten lässt.
Sobotka erklärte, dass die Geschäftsordnung seine Richtschnur sei, und diese sehe vor, dass er den Vorsitz führe. Er werde sich aber dann vertreten lassen, wenn "es um Auskunftspersonen geht, die mit mir in einem Dienstverhältnis standen". Denkbar wäre das etwa bei den diversen Affären rund um den Verfassungsschutz, die im U-Ausschuss behandelt werden sollen. Hier könnte es Überschneidungen mit Sobotka Tätigkeit als Innenminister (April 2016 bis Dezember 2017) geben.
Kritik und Datenlecks
Die ÖVP hatte den vergangenen U-Ausschuss scharf kritisiert und einen "Unterstellungsausschuss" genannt. Die Zweite Nationalratspräsident Doris Bures (SPÖ) hatte darin eine unzulässige Äußerung erblickt, welche dem Parlamentarismus schade. Als Vorsitzendem stehe es ihm nicht zu, dazu eine Meinung abzugeben, sagte Sobotka. Bei einem U-Ausschuss handle es sich aber immer um "ein politisches Kampfinstrument".
Sowohl Sobotka als auch Pöschl orten beim U-Ausschuss aber große Probleme bei der Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Auskunftspersonen. Es gebe keine geeignete Abhilfe gegen Datenleaks, welche die Rechte der Personen verletzten könnten, kritisierte der Verfahrensrichter. Sobotka meint, dass es hier langfristig gesetzliche Anpassungen geben müsse.
Der Ausschuss startet am Mittwoch mit der Befragung von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). Anschließend wird das Finanzressort im Fokus stehen. Geladen sind mehrere Spitzenbeamte des Ministeriums. Neben der Inseratenaffäre, die im Oktober zum Rücktritt von Kanzler Sebastian Kurz führte, will sich die Opposition den Vorwürfen rund um den Steuerakt des Unternehmers Siegfried Wolf widmen. (dab)