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Das Bildungsvolksbegehren hat erneut Munition geliefert bekommen, in Form der nackten Zahlen der Statistik Austria. Demnach gibt es in Österreich immer noch ein wüstes soziales Bildungsgefälle: 6,5 Prozent der Studierenden kommen aus Familien, in denen beide Elternteile über einen Pflichtschulabschluss verfügen.
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Und bei Jugendlichen, die aus der Hauptschule kommen, ist die Abbruchquote bei weiterführenden Schulen (Oberstufe Gymnasium, aber auch berufsbildenden mittleren Schulen) am höchsten.
Nun ist der - in diesem Zusammenhang - gern verwendete Satz, nicht jeder kann und soll Akademiker werden, nicht falsch. Er hilft nur nichts. Denn die nackten Zahlen beweisen, dass Österreich mit seinen Begabungen fahrlässig umgeht. Nicht das kindliche Talent wird gefördert, sondern die soziale Herkunft. Nicht die Fähigkeiten des Jugendlichen sind entscheidend für den späteren Berufsweg, sondern Lebensumstände und Wohnort: Je entlegener, desto schlechter.
Umso verblüffender die Lehrergewerkschaft, die es mit der Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung in die Schlagzeilen schaffte. Es wäre hilfreich, mit Forderungen aufzutreten, wie dieser sozialen Schieflage beizukommen ist. Die Bildungsexperten im ÖGB und in der Arbeiterkammer könnten da wertvolle Hinweise geben.
Für die Politik bedeuten die Zahlen, dass an der Gesamtschule kein Weg vorbeiführt. Auch wenn es explizit nicht so im Text des Volksbegehrens steht, ist eine Stimme dafür auch eine für die gemeinsame Schulausbildung bis 14 Jahre. Der nächste Schritt müsste sein, sich Standorte und Angebote der Bildungsinstitutionen selbst vorzuknöpfen. Das eklatante West-Ost-Gefälle legt den Schluss nahe, dass es in Westösterreich mehr Möglichkeiten für höhere Ausbildung geben muss als bisher. Der von der neuen TU-Rektorin eingeforderte "Masterplan" für die Universitäten ist seit Jahren überfällig.
Und im übernächsten Schritt wird die Regierung möglicherweise sogar auf die Idee kommen, das Thema Bildung nicht mehr auf zwei Ministerien aufzuteilen, sondern eines daraus zu machen - der besseren Steuerung wegen. Ob sich das in diesem Jahrhundert noch ausgeht? Kaum, denn es endet bereits in etwas weniger als 89 Jahren . . .