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Liebscher pocht auf eine Reform des Notenbank-Gesetzes. | OeNB will mehr Reserven aufbauen. | Wien. Nach Jahren rückläufiger Gewinne hat die Nationalbank (OeNB) 2007 erstmals wieder mehr Geld verdient. Mit 247 Millionen Euro fiel das geschäftliche Ergebnis inmitten der Finanzmarktkrise um gut ein Viertel höher aus.
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"Profitieren konnten wir vom Anstieg des kurzfristigen Zinsniveaus", erklärte OeNB-Chef Klaus Liebscher, der Ende August in Pension geht, bei der Bilanzpräsentation am Dienstag. Allerdings musste die Bank auch im Vorjahr Rückstellungen bilden, um das gestiegene finanzielle Risiko - vor allem durch Kursentwicklungen auf den Gold- und Devisenmärkten - abzudecken. Liebscher bezifferte sie mit 407 Millionen Euro.
Trotz des besseren Ergebnisses pocht der scheidende Gouverneur - wie bisher - auf eine Reform des Notenbank-Gesetzes, durch das er die Ertragskraft des Hauses stark beschnitten sieht. Der Aufbau von Reserven sei de facto nicht möglich, klagte Liebscher. Im Gegenteil: Die Reserven verringerten sich "markant". Seit Gründung der Wirtschafts- und Währungsunion hätten sie sich auf 4,1 Milliarden mehr als halbiert. Einer der Gründe sind die im europäischen Vergleich relativ hohen Dividenden, die dem Bund gezahlt werden müssen. Der Haupteigentümer der OeNB kassiert immerhin 90 Prozent des Reingewinns.
Für 2007 sahnt der Bund vom Ergebnis 212 Millionen Euro ab. Davon entfallen 62 Millionen Euro auf die Körperschaftsteuer - und 150 Millionen auf seinen gesetzlich festgelegten Gewinnanteil. Geht es nach Liebscher, soll dieser aufgeweicht werden. Zu den Verhandlungen mit Finanzminister Wilhelm sagte der Nationalbank-Chef nur, er sei optimistisch, dass es schon bald zu einer Neuregelung kommt.
Weitere Goldverkäufe
Im Rahmen ihres Goldabkommens hat die OeNB im vergangenen Jahr knapp 9 Tonnen Gold verkauft (nach 14 Tonnen im Jahr 2006). Seit Beginn der 1990er Jahre hat sich ihr Goldbestand um mehr als die Hälfte verringert. Trotz der Verkäufe 2007 ist der Wert dieses Bestands wegen der höheren Marktpreise um rund 600 Millionen auf 5,1 Milliarden Euro gestiegen. Ob die Nationalbank auch heuer Gold verkaufen wird, ließ OeNB-Direktor Peter Zöllner offen. "Die Möglichkeit haben wir aber."
Ende 2007 waren in der Bank insgesamt 918 Mitarbeiter beschäftigt - um 14 weniger als ein Jahr zuvor. Bis 2010 soll der Personalstand auf unter 900 Mitarbeiter gebracht werden. So zumindest lautete das bisherige Ziel. Dieses sei zwar grundsätzlich nach wie vor aufrecht, in Stein gemeißelt sei es aber nicht, so Liebscher. Nach der Aufgabenteilung mit der FMA bei der Bankenaufsicht - die OeNB ist das Prüforgan - sind zusätzliche Agenden wahrzunehmen. So sollen etwa die größten Banken des Landes künftigt intensiver - einmal im Jahr - geprüft werden. "Möglich ist das nur mit zusätzlichem Personal", sagte Liebscher.
Die Stabilität des heimischen Bankensystems selbst ist nach seinen Worten weiterhin sehr hoch. Die Bankinstitute verfügten über eine robuste Eigenmittelausstattung und seien "in relativ geringem Ausmaß von der Subprime-Krise betroffen". Laut Liebscher beliefen sich die Abwertungen auf strukturierte Kreditprodukte im vergangenen Jahr auf rund 1,1 Milliarden Euro. Für das erste Quartal 2008 sei mit weiteren Wertberichtigungen von 550 bis 750 Millionen zu rechnen. "Das ist allerdings nur eine Momentaufnahme aufgrund der volatilen Märkte", versicherte Liebscher. "Seit März hat sich die Lage etwas entspannt. Es ist keine Kreditklemme zu erwarten."
Inflation bleibt hoch
Die Inflation in der Eurozone sieht Liebscher nach den kräftigen Preisschüben bei Öl und Nahrungsmitteln im weiteren Jahresverlauf wie zuletzt "in der Nähe von 3 Prozent". Die Risiken seien nach wie vor aufwärts gerichtet, so der Notenbanker, der auch im Rat der Europäischen Zentralbank sitzt. Bei den Firmen mahnte er am Dienstag eine zurückhaltende Lohn- und Preispolitik ein, beim öffentlichen Sektor eine zurückhaltende Gebührenpolitik. Mit einem Rückgang der Inflation (in Richtung 2 Prozent) rechnet Liebscher erst für 2009.