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Steht Produktion von Nordseeöl vor abruptem Ende?

Von WZ-Korrespondent Peter Nonnenmacher

Wirtschaft

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London. Die britische Nordseeöl-Produktion könnte zu einem abrupten Ende kommen. Davor hat jetzt der Präsident des Brindex-Verbandes für Erdölsuche und Premium-Oil-Direktor Robin Allan gewarnt. In einem Interview mit der BBC erklärte Allan, er sehe die Nordsee-Förderung nicht nur in einer "enormen Krise". Sondern sie sei im Grunde "schon dem Zusammenbruch nah".

Ein Ende der britischen Nordsee-Bohrungen hätte dramatische Folgen. Jahrzehntelang hat das Vereinigte Königreich seine Wirtschaft mit den Öl-Erträgen abgestützt. Gegenwärtig sind auf der Insel fast eine halbe Million Arbeitsplätze von der Nordsee-Produktion abhängig. Im letzten Steuerjahr trug die Öl-Förderung der britischen Staatskasse 8,3 Milliarden Euro ein.

Ausgelöst hat die neue Krise natürlich der weltweite Absturz des Ölpreises. Für die Nordsee hat dieser aber besonders verheerende Folgen -weil künftige Erdölsuche und Förderung dort äußerst kostspielig sind. Nach der sukzessiven Erschöpfung alter Ölfelder in seichteren Gewässern muss man sich für neue Felder auf tiefere und rauere Nordsee-Gebiete konzentrieren. Die entsprechenden Investitionen jedoch sind für die Industrie nicht mehr lohnend, wenn der Barrel-Ölpreis erst einmal unter der 60-Dollar-Marke angekommen ist.

Robin Allan und andere Experten fürchten schon jetzt Massenentlassungen für 2015. In vielen Konzernen sei Personalabbau bereits beschlossen, aber noch nicht bekanntgegeben worden, meint Brindex-Chef Allan. Eine ähnliche Warnung war vorige Woche von dem Regierungsberater Sir Ian Wood gekommen, der "eine Welle von Jobeinbußen" für die nächsten 18 Monate voraussagt. Ganze Firmen, vor allem im Zuliefergeschäft, fürchten mittlerweile ums Überleben. Dreimal so viele wie 2013 haben dieses Jahr schon Konkurs anmelden müssen.

"Keine Neuinvestitionen"

City-Experten erwarten, dass die großen Ölkonzerne ihre Investitionen in der Nordsee bald einstellen, wenn der Ölpreis sich nicht rasch erholt. "Viele Bohrungen werden zurückgestellt werden", glaubt Graham Sadler, Geschäftsführer der Öl-Dienstleistungs-Gruppe bei Deloitte. Etliche Felder würden "zu kämpfen haben". Robin Allan sieht die Entwicklung noch pessimistischer. "Neue Investitionen? Wird es keine mehr geben", meint er. "Jeder zieht sich zurück."

Mit Steuernachlässen für die Ölkonzerne hat die Regierung David Cameron Anfang Dezember auf die neue Krise reagiert. Leider komme das "zu spät" und sei "zu wenig", haben die Konzerne erklärt. Die Branche drängt auf weitere Zugeständnisse aus London. Das hält andererseits Greenpeace für eine fatale Idee. Statt die "Giganten des Geschäfts mit fossilem Treibstoff" in dieser Weise zu unterstützen und noch mehr globale Erwärmung zu produzieren, meint die Organisation, solle die Regierung lieber grüner Technologie auf die Beine helfen.