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Steigende Energiepreise machen Entlastungen nötig

Von Monika Köppl-Turyna

Gastkommentare
Monika Köppl-Turyna ist Ökonomin und Direktorin des Forschungsinstituts Eco Austria.

Die Preisanstiege am Großhandelsmarkt sind erst zum Teil bei den Endkunden angekommen.


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Die Preise für Strom und Gas am Großhandelsmarkt haben in den vergangenen Wochen neue Rekordhöhen erreicht: Zwischen 2019 und 2021 kostete eine Megawattstunde Strom 17 bis 56 Euro, im Dezember 2021 knapp 250 Euro. Die Gaspreise unterlagen einer ähnlichen Dynamik. Zwar sind die Preise im Jänner leicht zurückgegangen, aber die Verunsicherung bleibt: Wie lange geht das so weiter? Und wie wirkt sich das auf unser Leben aus?

Der ersten Frage können wir uns mithilfe der "Futures" annähern. Dabei handelt es sich um die aktuell gehandelten Preise für künftige Strom- und Gaslieferungen. Futures-Preise bilden die Einschätzung der Marktteilnehmer in Bezug auf die künftige Entwicklung von Angebot und Nachfrage ab. Für 2022 werden weiterhin hohe Preise erwartet, auch wenn der Peak überschritten zu sein scheint. Auf längere Sicht erwarten die Marktteilnehmer bei Gas wieder eine Normalisierung der Preise, bei Strom dürfte das Preisniveau zumindest doppelt so hoch wie vor der Corona-Krise bleiben.

Möglicherweise halten die Marktteilnehmer die aktuellen Angebotsengpässe bei Gas für ein temporäres Problem, weil es zum Teil auch politisch bedingt ist. Die Kosten der Stromproduktion werden hoch bleiben und steigen, auch wegen der Bestrebungen zur Reduktion des CO2-Ausstoßes. Die Preise der langfristigen Futures für Emissionshandelsrechte im Rahmen des EU-ETS bestärken diese Erwartung.

Aufgrund der zumeist langfristigen Beschaffungsstrategien der Energieversorger sind die Preisanstiege am Großhandelsmarkt erst zum Teil bei den Endkunden angekommen und weitere Tariferhöhungen sind zu erwarten. Entscheidend wird sein, wie die Haushalte und die Industrie auf diese Preisänderungen reagieren. An der Nachfrage wird sich zunächst nicht viel ändern, die Preiselastizität bei Energie ist kurzfristig eher gering. Rund 900.000 private Haushalte brauchen Gas nun mal zum Heizen und zur Warmwassergewinnung. Auch eine spürbare Reduktion des Stromverbrauchs ist eine knifflige Aufgabe in der kurzen Frist. Also wird wohl an anderer Stelle gespart werden müssen.

Auf die Wirtschaft könnten sich diese Entwicklungen dramatisch auswirken. Nicht nur die Haushalte, auch die energieintensive Industrie müsste mit höheren Kosten umgehen. In einem weiteren Schritt würden sich die Kosten in den Konsumentenpreisen widerspiegeln. Haushalte wären dann nicht nur mit hohen Strom- und Gaspreisen, sondern auch noch mit einem allgemeinen inflationären Druck konfrontiert. Der Anstieg der Energiepreise steht mit der Strategie zur CO2-Reduktion im Einklang. Wenn aber nicht gleichzeitig dafür Sorge getragen wird, dass die Kaufkraft der Konsumenten nicht leidet und Unternehmen nicht weiter belastet werden, wäre diese nur wenig nachhaltig. Daher muss an anderer Stelle nachgeschärft werden, etwa durch eine Senkung der Einkommensteuer, eine Abschaffung der Kalten Progression oder die Etablierung treffsicherer Zuschüsse. Und: Die weiteren Abgaben auf elektrische Energie könnten wieder kassiert werden - denn wenn die Preise wie erwartet steigen, kommt es auf deren Lenkungswirkung nicht mehr an.

So eine Wirtschaft: Die Wirtschaftskolumne der "Wiener Zeitung". Vier Expertinnen und Experten schreiben jeden Freitag über das Abenteuer Wirtschaft.