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Steigende Zuversicht

Von Arian Faal

Politik

80 Millionen Menschen im Iran warten auf ein Ende der westlichen Sanktionen und auf ein besseres Leben.


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Wien/Teheran. Die Stimmung im Iran ist in den vergangenen Tagen überaus hoffnungsvoll gewesen. Überall sprach man über die Atomverhandlungen in Wien und darüber, welche Auswirkungen ein Deal für den Alltag der Perser haben werde. "Präsident Hassan Rohani hat es versprochen - wir warten sehnsüchtig darauf, auch wenn es klar ist, dass nicht alles von heute auf morgen wieder ins Lot kommt", meint Arash Behzadi im telefonischen Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Die westlichen Wirtschaftssanktionen haben der überwiegend jungen und westlich orientierten Bevölkerung des Landes schwer zugesetzt. Europäische und US-amerikanische Produkte wurden rar und durch Billig-Imitate aus China ersetzt. "IPhone-Kabel aus China sind so minderwertig, dass sie oft anfangen zu schmelzen und gefährlich sind", sagt Arash. "Wir warten. Sie haben keine Vorstellung davon, welches Strahlen in unseren Augen aufleuchten wird, wenn endlich wieder alles normal ist."

Kompliziertes Konstrukt

Die Sanktionen des Westens gegen die Islamische Republik sind ein sehr kompliziertes Konstrukt und auch für Kenner nur schwer zu durchschauen. Die 5+1-Gruppe (Frankreich, USA, China, Russland und Großbritannien plus Deutschland) hat seit 2006 mehrere wirtschaftliche und politische Sanktionspakete im Zusammenhang mit dem Atomstreit gegen den Iran verhängt. Darüber hinaus gibt es Sanktionen, die gegen Teheran wegen seiner Unterstützung des Terrors und der Verletzung der Menschenrechte verhängt wurden. Zudem gibt es unilaterale Strafmaßnahmen wie etwa das Öl-und Gasembargo der EU oder unilaterale US-Sanktionen. Und schlussendlich gibt die sogenannten "unsichtbaren Sanktionen". Der Ausdruck kommt daher, dass viele Firmen, deren Güter nicht sanktioniert sind, mit dem Iran keine Geschäfte machen, um es sich mit den USA nicht zu verscherzen.

Bestes Beispiel hierfür sind Pharmariesen, die etwa keine Herzmedikamente nach Teheran liefern. Der Teufelskreis nimmt dann seinen Lauf: Die Hardliner und Revolutionsgarden nutzen den Medikamentenmangel und verkaufen die über Umwege in den Iran gebrachten hochwertigen Medikamente um ein Zehnfaches auf dem Schwarzmarkt und machen so gute Geschäfte. Und die Durchschnittsbürger bleiben entweder auf der Strecke oder müssen mit sich mit Billig-Imitaten zufrieden geben.

Worum geht es im Einzelnen? Das Öl- und Gasembargo der EU ist seit 2012 in Kraft. Der Ölexport gilt als Achillesferse der iranischen Wirtschaft, daher traf diese Maßnahme Teheran besonders hart. Durch sie wurden die iranischen Öleinnahmen zeitweise fast halbiert. Im Interimsabkommen vom November 2013 und dem politischen Rahmen-Deal am 2. April 2015 in Lausanne wurde dieses Embargo nicht angetastet und besteht weiterhin.

"Zu riskant"

Besonders hart trifft die iranische Führung, dass der Iran vom weltweiten Finanzmarkt abgeschnitten ist, also vom SWIFT-Abkommen. Die internationale Staatengemeinschaft hat so sämtliche Zugänge zu internationalen Finanztransaktionen verwehrt. Westliche Banken dürfen keine Geschäfte mit dem Iran machen und weigern sich zudem öfters, iranischen Staatsbürgern Konten anzubieten. Selbst viele Banken, die nicht in den Sanktionsraster fallen, machen vorsichtshalber keine Geschäfte mit dem Iran. Die Begründung lautet meist: "Das ist uns zu riskant".

Weiters gibt es diverse Sanktionen gegen Firmen und Einzelpersonen im Zusammenhang mit dem Atomprogramm. Einige dieser Personen sind Mitglieder der iranischen Revolutionsgarden. Neben der allgemeinen Sanktions-Liste haben die USA zusätzlich einen weiteren Personenkreis sanktioniert. Deren Gelder im Ausland sind eingefroren, sie dürfen nicht in die USA reisen.

Auch staatliche iranische Gelder und Konten (zum Teil sind dies Einnahmen aus dem Öl- und Gasgeschäft) wurden weltweit eingefroren. Nach dem Interimsabkommen vom November 2013 in Genf erhielt der Iran Teile dieser Gelder. Zu einem Großteil hat der Iran aber weiter keinen Zugriff.

Da Teheran vom Ölgeschäft abhängt, trifft auch ein Versicherungsverbot das Land hart: Den großen namhaften westlichen Versicherungsanstalten wurde untersagt, iranische Öltanker zu versichern. Daraufhin musste der Iran auf teure asiatische Gesellschaften zurückgreifen, um sein Öl zumindest in Asien absetzen zu können. Die Islamische Republik darf zudem keine neuen Flugzeuge der Hersteller Airbus und Boeing kaufen. Auch Ersatzteile für bereits gelieferte Maschinen musste sich die iranische Führung jahrelang über Drittländer besorgen. Durch das Interimsabkommen wurde dies aber erleichtert.