Die FAZ berichtet, dass US-Gigant Apple sein Autoprojekt in Graz realisieren will - es wäre ein Sensationsauftrag.
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Graz/Wien. Der steirische Apfel ist zu einer weit über die Grenzen hinaus reichenden Marke geworden: frisch, saftig, steirisch. Vielleicht muss der Spruch künftig durch weitere Attribute ergänzt werden: schnittig, komfortabel, innovativ. Nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" soll Apple sein Automobil-Projekt von Magna in Graz realisieren lassen. Laut dem Bericht betreibt der Computerkonzern in Berlin ein geheimes Entwicklungslabor, auf den Markt kommen soll das iCar 2019 oder 2020.
Eine Bestätigung hat weder die FAZ noch diese Zeitung aus der Magna-Zentrale erhalten. Die Gerüchte über einen Auftrag aus Kalifornien tauchen aber nicht zum ersten Mal auf. "Wenn das wirklich passiert, kann ich nur sagen: Hut ab", sagt Ferdinand Dudenhöffer, einer der renommiertesten Forscher in Sachen Autoindustrie.
Auch wenn Graz rund 9500 Kilometer von Silicon Valley trennt, wäre so ein Auftrag durchaus naheliegend, wie auch Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen meint: "Magna wäre prädestiniert, für solche Hersteller Autos zu bauen. Die Produktion ist hochwertig, und Magna ist ein Spitzenunternehmen", sagt er. Derzeit werden in Graz die G-Klasse von Mercedes sowie der Countryman von Mini gefertigt. Vor allem der Geländewagen von Mercedes ist ein absolutes High-end-Produkt und auch preislich im Luxus-Segment angesiedelt. Und dass man für Apple-Produkte grundsätzlich etwas tiefer in die Tasche greifen muss, ist bekannt.
Der Auftrag für die Mini-Fahrzeuge läuft zwar aus, Eigentümer BMW hat aber bereits einen Folgeauftrag mit Magna-Steyr abgeschlossen. Ab 2017 wird zudem Jaguar Land Rover in Graz-Liebenau produzieren. Das Werk, in dem heute rund 6500 Beschäftigte arbeiten, ist deshalb zwar recht gut ausgelastet, dennoch wäre ein Auftrag von Apple bedeutsam. Zwar ist über dieses Projekt noch wenig bekannt, es dürfte sich aber jedenfalls um ein Elektroauto handeln.
Hohe Bedeutung für Österreich
"Es wäre auch ein besonderer Schritt in eine neue Technologie", sagt Peter Fischer, Leiter des Instituts für Fahrzeugtechnik der TU Graz. "Im Bereich Elektrifizierung wird in der gesamten Region gearbeitet, und auch an der TU beschäftigen wir uns intensiv mit diesem Thema", sagt Fischer. Magna selbst hat vor sieben Jahren bereits sein kleines Elektroauto Mila EV vorgestellt. Es handelte sich um ein reines Showcar, das zeigen soll, welch innovatives Potenzial in Magna steckt. Und tatsächlich ist das kreative Know-how ein wesentliches Asset.
Für den Standort Graz wie für die gesamte heimische Autoindustrie wäre ein solcher Auftrag aber mehr als nur Renommee. Magna allein hat in Österreich 13.000 Beschäftigte, insgesamt 700 Betriebe sind in der Auto- und Zulieferbranche tätig, laut Wirtschaftsministerium sind direkt oder indirekt 450.000 Arbeitsplätze von der Automobilbranche abhängig.
Die Frage ist: wie lange noch? Für Dudenhöffer wird China bald das Zentrum der Automobilindustrie sein. Vor allem im letzten Jahrzehnt ist immer mehr Produktion nach China verlagert worden. China selbst ist wiederum eines der wichtigsten Importländer für die Autohersteller geworden.
Bei Magna stellte sich zudem die Frage, wie das Erbe Frank Stronachs weitergeführt werden würde, nachdem sich der Firmengründer 2010 zurückgezogen hatte und der Konzern nunmehr von Kanada aus geführt wird. "Die Zentrale in Europa ist schon wichtig", sagt Dudenhöffer. Man habe hier viel investiert, die Fertigungsanlagen seien gut. "Ich glaube nicht, dass es große Expansionen geben wird, aber man kann es stabilisieren", sagt der Experte.
Nicht unwesentlich ist die Zusammenarbeit Magnas mit anderen in der Region beheimateten Betrieben, etwa dem Leitbetrieb AVL - und auch mit der TU Graz. Dort hat Frank Stronach mit Magna auch ein Institut kofinanziert, vor etwas mehr als zehn Jahren ist auch ein eigenes Institut für Fahrzeugtechnik eingerichtet worden. "Es gibt eine Wechselwirkung", sagt Institutsleiter Fischer. Jedes Jahr schließen hier circa 20 Studenten mit einer Masterarbeit ab. Tendenz stark steigend.
"Die Forschung muss natürlich viel langfristiger ausgelegt werden. Es dauert ja zehn Jahre, bis ein Student in der Wirtschaft sein Wissen umsetzen kann", erklärt Fischer. In zehn Jahren kann in der Autobranche viel passieren, und es wird wohl viel passieren. Nicht nur Apple plant die neue mobile Zukunft, Tesla will sie ebenso für sich reklamieren wie der IT-Gigant Google. In die Projekte fließen Milliarden von Dollar.
Auch Google plant den Coup
Die Folgen dieses Investments sind nur schwer abschätzbar. "Die Frage ist, ob die bestehenden Hersteller den Übergang schaffen", sagt Dudenhöffer. Er ist da eher skeptisch. "Die Ingenieure haben Scheuklappen auf." Beim Mobilfunk hat Apple seine disruptive Innovationskraft bereits bewiesen. Nokia war Weltmarktführer, doch dann kam das iPhone.
Während Apple eher für Design, Emotion und Usability steht und dies wohl auch für sein Autoprojekt zu erwarten ist, arbeitet Google dem Vernehmen nach an der schieren Utopie, dem komplett selbstfahrenden Auto. Beide Unternehmen haben, um es einfach auszudrücken, mehr Geld, als sie je in die Entwicklung neuer Handys und Computer stecken können. Und für derart innovationsgetriebene Unternehmen muss die Zukunft der Mobilität schon sehr reizvoll sein. Wie sie aussehen wird, kann nur spekuliert werden. Elektroantrieb? Multimedia-Maschinen? Selbstfahrende Autos? Sollten sich die Gerüchte um Magna bewahrheiten, könnte sich ein Teil der Zukunft jedenfalls in Graz abspielen.