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Stellen wir die Wohnbauförderung auf neue Füße

Von Jochen Sattelberger

Gastkommentare
Jochen Sattelberger ist Präsident des Branchenverbands Komfortlüftungssysteme Austria.
© KLA

Nicht nur die Wahl des Heizsystems ist ein Faktor beim Klimaschutz.


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Raus aus Öl und Gas: Seit Jahren steht vor allem der Heizungstausch im Fokus, wenn es darum geht, den CO2-Verbrauch von Österreichs Gebäuden zu reduzieren - denn der Gebäudesektor ist ein großer CO2-Produzent. Während der Ausstieg aus fossilen Heizungen sicher nicht falsch ist, ist er aber doch nicht das Einzige, was es zu tun gilt. Die Sanierung und die technische Verbesserung von Gebäuden erhalten deutlich weniger mediale und politische Aufmerksamkeit. Und zwar seit Jahrzehnten. Trotz aller Förderungen bleibt das Tempo zu gering. Dabei ist Energieeffizienz im Gebäudesektor das Wichtigste, sagt auch eine aktuelle, hochkarätige Studie im Auftrag des deutschen Wirtschaftsministeriums.

Häuser und Wohnungen mit niedrigen Energieverlusten senken den Energieverbrauch ganz unabhängig vom Heizsystem und reduzieren auch die laufenden Kosten, ob sie nun für Pellets, Gas oder Fernwärme anfallen. Zudem machen effiziente Gebäude auch kleiner dimensionierte Heizungen oder eine gänzliche Umstellung auf eine Wärmepumpe möglich. Wieso geht dennoch so wenig weiter?

Sind die Energiepreise niedrig, rechnen sich Investitionen weniger schnell, das Energiesparen tritt in den Hintergrund. Gehen sie nach oben, wie seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs vor einem Jahr, kommt die Branche mit dem Bauen und Liefern gar nicht hinterher; man ist zu langsam, um den explodierenden Energiekosten zu entgehen. Staatliche Regulierung und Förderung sollten dafür sorgen, dass der Gebäudebestand im Land stetig saniert wird. Stattdessen tragen zu geringe Mittel und eine komplizierte Förderstruktur aus neun verschiedenen Ausführungen je nach Bundesland und einer bundesweiten Aktion für Heizungstausch und thermische Sanierung nicht gerade zur Übersichtlichkeit bei. Denn jede Förderung spielt nach anderen Regeln: So sind etwa im Burgenland die Energiesparziele so niedrig, dass besonders effizientes Bauen damit kaum noch gefördert wird. In Niederösterreich gibt es Zusatzpunkte für Klima-Features, aber auch für Autoabstellplätze. Bei manchen Sanierungen in Niederösterreich ist der Einbau einer Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung (letztlich eine erneuerbare Energiequelle) Pflicht für eine Förderung, in anderen Bundesländern wird die Energieeinsparung durch eine automatische Lüftung bei der Förderungsberechnung wieder herausgerechnet.

Das klingt nach Flickwerk und ist es auch. Politische "Verkaufbarkeit" und Interessen der Sanierungsbranche fordern ihren Tribut: Ziegel gegen Fenster, Haustechnik gegen Kesselhersteller. Natürlich hält jeder die eigene Branche für besonders wichtig, um energieeffizient und nachhaltig zu bauen. Darauf sollte aber die öffentliche Regulierung keine Rücksicht nehmen. Mein Vorschlag: eine echte Sanierungsoffensive mit einheitlichen Regeln, die sich nicht danach richten, wer am besten lobbyiert, sondern am tatsächlichen Energieverbrauch des Gebäudes - je energieeffizienter, desto höher die Förderung. Im Neubau führt zudem kein Weg an strengeren Bauordnungen vorbei. Gebäude, die jetzt gebaut werden, bleiben (hoffentlich) für Jahrzehnte bestehen - und müssen in ein klimaneutrales Österreich passen.