Oberösterreichs ÖVP-Landesparteivorstand gab einstimmig grünes Licht. Begründung sind "stabile Verhältnisse".
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Überschattet von dem von der türkis-grünen Bundesregierung geschnürten Steuerpaket wurden am Montag in Oberösterreich die Weichen für die künftige Landesregierung gestellt. Gut eine Woche nach der Landtagswahl hat der Landesparteivorstand der oberösterreichischen ÖVP mit Landeshauptmann Thomas Stelzer am Montagvormittag einstimmig beschlossen, mit der FPÖ als zweitstärkste Partei über eine Koalition schon ab Dienstag zu verhandeln.
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Alles andere als Gespräche mit dem bisherigen Regierungspartner FPÖ wäre eine Riesenüberraschung gewesen. Stelzer begründete die Entscheidung in der ÖVP-Landesparteizentrale im Linzer Gleissner-Haus mit dem Vorrang für "stabile Verhältnisse" für die kommenden sechs Jahre.
Nach der Landtagswahl vom 26. September hat die ÖVP mit einem Zuwachs auf knapp 38 Prozent den Abstand zum bisherigen Koalitionspartner FPÖ, der von 30 Prozent auf knapp 20 Prozent abgestürzt ist, aber den zweiten Platz knapp vor der SPÖ gerettet hat, deutlich ausgebaut. ÖVP und FPÖ haben zusammen 33 von 56 Mandaten im Landtag und damit eine kommode Mehrheit. ÖVP und Grüne kämen mit 29 Mandaten auf eine knappe Mehrheit. Die Absage zu Koalitionsverhandlungen mit den Grünen begründete der ÖVP-Landeschef so: Es sei keine Zeit, in der man um eine Mehrheit im Landtag "zittern" dürfe.
Allerdings wird in Linz ohnehin mit der Fortsetzung der schwarz-blauen Koalition gerechnet, weil es auch die meisten inhaltlichen Übereinstimmungen zwischen diesen beiden Parteien gibt. Das wurde am Montag beim Presseauftritt Stelzers zu Mittag erneut deutlich. Dort nannte er vor allem auch "Klimaschutz mit Hausverstand" als Schwerpunkt der ÖVP für die neue Amtsperiode. Vorschläge der Grünen zum Klimaschutz sind im Wahlkampf von der ÖVP scharf kritisiert worden. Mit der FPÖ gibt es vor allem im Sicherheitsbereich und in der Ausländerpolitik Übereinstimmung.
Konstituierung für 23. Oktober vorgesehen
Landeshauptmann Stelzer und seine Partei wollen einen möglichst raschen Koalitionsabschluss. Die ÖVP hat schon im Wahlkampf betont, wie wichtig weitere "sichere" sechs Jahre sind. Angesichts der Unwägbarkeiten um die Corona-Entwicklung und die Auswirkungen auf den Wirtschafts- und Industriestandort Oberösterreich ist die Landes-ÖVP bestrebt, zügig zu einem Regierungspakt zu kommen.
In Oberösterreich sind zwar aufgrund des Proporzsystems alle Parteien ab rund zehn Prozent der Stimmen auch in der Landesregierung vertreten. Um eine gesicherte Mehrheit im Landtag zu haben, gibt es aber ein eigenes Arbeitsübereinkommen. Von 2003 bis 2005 bestand dieses erstmals in einem Bundesland zwischen ÖVP und Grünen, seit mittlerweile sechs Jahren nun zwischen ÖVP und FPÖ mit SPÖ und Grünen als Opposition, die dennoch mit jeweils einem Landesratsposten auch in der Landesregierung waren.
Eine zeitliche Frist ist auch durch die konstituierende Sitzung im Landtag vorgegeben. Diese ist dieses Mal für 23. Oktober vorgesehen, das ist ein Samstag. Erklärtes Ziel ist es, dass bei spätestens zu diesem Termin die Koalitionsverhandlungen abgeschlossen sind. Tatsächlich dürfte die Koalitionsbildung wesentlich rascher gehen. Es werden heuer auch nicht die Stichwahlen um das Bürgermeisteramt in 76 der 438 oberösterreichischen Gemeinden am 10. Oktober bei der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen auf Landesebene abgewartet. Auch das passiert, weil man möglichst rasch eine neue, handlungsfähige Landesregierung haben möchte. So lautet jedenfalls Stelzers Ziel.
Fix ist, dass die FPÖ einen ihrer drei Landesratsposten räumen muss. Treffen wird dies Wolfgang Klinger, der am kommenden Sonntag in seiner Heimatgemeinde Gaspoltshofen im Bezirk Grieskirchen noch die Chance hat, in der Stichwahl sein Bürgermeisteramt zu verteidigen. Der Verbleib des bisherigen Vizelandeshauptmannes und FPÖ-Landesobmanns Manfred Haimbuchner und von Langzeitlandesrat Günther Steinkellner bei den blauen Mitgliedern der Landesregierung gilt als fix.
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FPÖ muss um Kompetenzen bangen
Hingegen ist keineswegs sicher, welche Kompetenzen die beiden freiheitlichen Mitglieder in der Landesregierung behalten werden, weil fix damit zu rechnen ist, dass die Landeshauptmannpartei ÖVP nach dem Ausbau des Vorsprungs Agenden von der FPÖ übernehmen möchte. Haimbuchner ist nicht nur für das wichtige Wohnbauressort zuständig, sondern auch für die Familien. Steinkellner war bisher für das Verkehrsressort verantwortlich. In Linz geht man davon aus, dass die blauen Ressorts abgespeckt werden, in welcher Form ist neben dem Arbeitsübereinkommen Teil der Koalitionsverhandlungen. Stelzer wollte sich vor der Presse am Montag naturgemäß vor den Verhandlungen zu den künftigen Kompetenzen in keiner Weise festlegen.
Die ÖVP stellt mit dem Landeshauptmann fünf Regierungsmitglieder. Die ÖVP stellte bisher mit Vizelandeshauptfrau Gesundheits- und Bildungslandesrätin Christine Haberlander das einzige weibliche Regierungsmitglied bei den Koalitionsparteien ÖVP und FPÖ. Nach der Wahl 2015 gab es in Oberösterreich kein einziges weibliches Regierungsmitglied, was auch ÖVP-intern für dicke Luft gesorgt hat und der ÖVP generell Kritik und viel Hohn eingetragen hat. Als möglich gilt, dass eine weitere weibliche Landesrätin in die Landesregierung einzieht und Bildung und Familie zu einem Ressort vereint werden. Haberlander ist ebenso wie SPÖ-Landesrätin Birgit Gerstorfer erst später in die Landesregierung eingezogen. Komplettiert wird die Regierung vom grünen Landesrat Stefan Kaineder.
Der Landtag wird mit der konstituierenden Sitzung bunter. Wie mehrfach berichtet, haben neben den vier bisherigen Landtagsparteien ÖVP, FPÖ, SPÖ und Grüne bei der Wahl am 26. September erstmals zwei weitere Parteien die Vier-Prozent-Hürde übersprungen. Neben den Neos ist völlig überraschend die impf-skeptische Liste MFG neu ins Landesparlament eingezogen.