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Sterben, aber richtig

Von Christian Ortner

Gastkommentare
Christian Ortner.

Gegner und Befürworter von Erbschaftssteuern stehen einander unversöhnlich gegenüber. Dabei wäre eine elegante Brücke durchaus denkbar.


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Wenn eine Abendgesellschaft in gähnende Langeweile abzudriften droht, gibt es derzeit ein bewährtes Gegenmittel: Man zettelt einfach eine Debatte über die Zweckmäßigkeit von Erbschaftssteuern an, wie sie von der einen Hälfte der Regierung gefordert und von der anderen abgelehnt werden. Kein anderes wirtschaftspolitisches Thema lässt die Emotionen so schnell hochgehen.

Der Grund dafür ist klar: Das Thema betrifft jeden, und wirklich massiv. Die potenziellen Erben, weil sie sich vor dem kalten Händchen des Staates auf Omas Sparbuch fürchten, die potenziellen Nicht-Erben, weil sie es nicht okay finden, dass die glücklichen Erben ihr Vergnügen auch noch steuerfrei auskosten können. Garniert mit den emotionalen Aufputschmitteln "Gerechtigkeit", "Neid" und "Reichtum", sind Gefühlsausbrüche garantiert.

Diese Debatte redlich zu führen, ist freilich gerade in Österreich besonders schwer. Denn grundsätzlich spricht sehr viel für eine Erbschaftssteuer: Dass jemand, der 100.000 Euro erarbeitet, davon rund 50 Prozent an Steuern und Abgaben zahlt, jemand, der 100.000 Euro an Zinsen verdient, nur 25 Prozent zahlt, und schließlich jemand, der 100.000 Euro erbt, gar keine Steuern zahlt, widerspricht den Grundsätzen einer mäßigen, aber gleichmäßigen Besteuerung eklatant.

Die Art und Weise, wie in Österreich Einkommen unterschiedlicher Provenienz unterschiedlich geschoren werden, ist hingegen weder gleichmäßig noch mäßig. Und sie verhöhnt das Leistungsprinzip, indem sie Einkommen umso höher besteuert, je mehr Leistung (etwa Arbeit) zu dessen Erzielen notwendig war, und niedrig oder gar nicht besteuert, was dem Empfänger ohne große Mühen zufließt wie etwa Zinserträge oder gar ein Erbe.

All das spricht nicht gerade dagegen, künftig Erben merkbar zu besteuern und im Gegenzug Arbeit steuerlich zu entlasten, wie das ja auch von fast allen Freunden der Erbschaftssteuer gefordert wird.

Leider ist, was ökonomisch Sinn macht, in der österreichischen Realverfassung mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen.

In Österreich würde die Einführung einer Erbschaftssteuer dazu führen, das zwar Erben teurer wird, aber Arbeit trotzdem weiter hoch besteuert bleibt - ziemlich unabhängig davon, welche Partei gerade die Regierung dominiert.

Was als vernünftige Maßnahme in Richtung gleichmäßigere Besteuerung gut argumentierbar ist, würde in der hiesigen Praxis zu noch unmäßigerer Besteuerung führen. Und das braucht Österreich mit einer Abgabenquote jenseits der schwedischen nun ungefähr so dringend wie der Sommertourismus eine kleine Zwischeneiszeit.

Dass mit hoher Wahrscheinlichkeit eine richtige Steuer zu einem falschen Ergebnis führen würde, ließe sich höchstens durch eine wirksame Selbstbindung der Republik vermeiden. Bevor eine Erbschaftssteuer eingeführt würde, müsste also die Steuer-und Abgabenquote mit Verfassungsmehrheit zwingend auf einem deutlich niedrigeren Niveau festgeschrieben werden - und erst in der Folge dürfte man die einzelnen Steuerarten neu austarieren.

Was angesichts des bekannten Reformeifers der hiesigen politischen Eliten freilich nahezu ausgeschlossen werden kann.