Negative Klischees über Afrika nach wie vor in Schulbüchern üblich. | 40.744 Menschen mit afrikanischer Herkunft leben in Österreich.
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Wien. Es geht um Schwarze und ihre Zukunft - aber eigentlich geht es um Österreich. "Wir müssen Strategien entwickeln, damit dieses Land eine Zukunft hat", betonte Simon Inou, Initiator und Herausgeber des neuen Jahresberichts über "Schwarze Menschen in Österreich", der dieses Jahr zum zweiten Mal erschienen ist. Mit Ausschluss-Mechanismen verbaue sich Österreich seine eigene Zukunft, meinte Inou bei der Präsentation des Berichts.
Tatsächlich stimme das gängige Österreich-Bild nicht mehr mit der heutigen Realität zusammen. "Auch Menschen, die anders aussehen, gehören zu diesem Land", meinte Mitherausgeberin Beatrice Achaleke. Dass das auch schon früher der Fall war, betonte der Historiker und Mitautor Walter Sauer. "Schwarze Menschen sind Teil unserer Geschichte, beginnend mit dem römischen Weltreich", hob er hervor. Seit 2000 Jahren seien schwarze Menschen Teil unserer Gesellschaft. Wichtig sei es, darauf gerade auch in den Schulbüchern hinzuweisen. Doch gerade die kommen im Jahresbericht nicht gut weg.
Blutiges, homogenes Afrika in den Schulbüchern
Eine Untersuchung der drei am häufigsten verwendeten Geographie- und Geschichtebändern in der AHS-Unterstufe ergab: Afrika wird primär als ein Kontinent mit vielen Problemen und Katastrophen dargestellt. Als "typisch afrikanisch" wird ausgerechnet der vom Bürgerkrieg geplagte Kongo bezeichnet. "Die Ergebnisse sind nicht überraschend, aber dennoch schockierend", erklärte Clara Akinyosoye, Chefredakteurin des Jahresberichts. Armut, "Unterentwicklung", Kriege würden den als weitgehend homogen vorgestellten Kontinent laut den Schulbüchern charakterisieren.
"Von der vielfältigen Geschichte und Kultur des Kontinents vor der Kolonialisierung wird zumeist nur die Hochkultur Ägyptens erwähnt, wobei diese kulturell häufig dem europäischen Raum zugeordnet wird - als Wiege der europäischen Zivilisation - und nicht dem afrikanischen", wird kritisiert. Die vielen Hochkulturen vor der Kolonialzeit kämen nicht vor. Ein Österreich-Bezug könnte durch eine Erwähnung der gescheiterten Kolonialisierungsversuche Österreichs geschaffen werden, regt der Bericht an.
Etwas differenzierter seien einzelne Schulbücher bei der Beschreibung der Ursachen der Nöte in Afrika. So würden manche auch die Verantwortung des Westens miteinbeziehen, allerdings nicht alle.
Im Schulunterricht sitzen auch Schüler mit afrikanischen Wurzeln, und bekämen so kein korrektes Bild über die Herkunftsländer ihrer Eltern und Großeltern. Insgesamt gibt es 1913 Schüler afrikanischer Staatsbürgerschaft in Österreich. 26 Prozent davon besuchen die Hauptschule, zwölf Prozent die AHS. Damit fallen sie gegenüber Schüler mit österreichischer Staatsbürgerschaft zurück, die zu 19 Prozent die AHS besuchen.
Doch auch innerhalb der afrikanischen Schüler gibt es Unterschiede. Besonders "erfolgreich" sind die Ägypter, die zu 20 Prozent die AHS besuchen, was nur auf sieben Prozent der nigerianischen und zwei Prozent der somalischen Schüler zutrifft. Freilich kämpfen auch andere Communities in Österreich mit Bildungsproblemen: Nur vier Prozent der türkischen Schüler gehen in die AHS, aber dafür 36 Prozent in die Hauptschule.
Schwarze unter den Opfern des Nationalsozialismus
Nach Österreich kamen schwarze Menschen schon im Mittelalter, meistens im Verlauf der Kreuzzüge, berichtete Sauer. Unerwähnt blieben in Österreich bisher auch Schwarze als Opfer des Nationalsozialismus, kritisierte Sauer. Etliche wurden ermordet und zwangssterilisiert. 70 Afrikaner wurden allein in Mauthausen inhaftiert, die meisten davon überlebten nicht. "Zahlenmäßig waren andere Communities stärker betroffen, aber das ist nicht das einzige Kriterium." Es habe sich dabei um Schwarze, die vor dem Bürgerkrieg in Spanien geflohen waren, gehandelt, und um ehemalige französische Soldaten. Bei der Neugestaltung der Gedenkstätte von Mauthausen könnte ihre Nennung nachgeholt werden.
Heterogen und vielfältig ist die Schwarze Community heute. Zurzeit leben 40.744 Menschen in Österreich, die aus einem afrikanischen Land kommen. 13.236 davon sind Ägypter, gefolgt von den Nigerianern (7749) und Tunesiern (3239). Auch die kaum bekannte Community der Afro-Brasilianer findet in dem neuen Bericht erstmals Erwähnung. Und dann gibt es auch die erfolgreichen schwarze Persönlichkeiten wie die Grüne-Gemeinderätin in Linz Marie Edwige Hartig, den Bischof der altkatholischen Kirche John Okoro oder die ORF-Moderatorin Claudia Unterweger, die in Österreich geboren ist.
Dass es viel über die Community zu berichten gibt, wurde bei der Präsentation des Berichts im Parlament deutlich. Freilich: Dem Thema "Anti-Schwarze-Rassismus" konnte man auch diesmal nicht ganz ausweichen. Rassismus kann den Selbstwert erniedrigen, Depressionen und Traumata verursachen, hält der Report fest. Die Herausgeber betonten, dass gerade Studien zu diesen psychischen Folgen noch rar sind. Für die kommenden Jahre gibt es noch viel zu berichten.