Zum Hauptinhalt springen

"Stern von Bethlehem" in Wahrheit ein Horoskop?

Von Detlef Rudel

Wissen

Glaubt man einem amerikanischen Physiker, hat die Menschheit das neue Jahrtausend fast sechs (beziehungsweise fünf) Jahre zu spät gefeiert. Michael Molnar, der an der Rutgers Universität in New Jersey wirkt, entwickelte eine in sich schlüssige Hypothese zu Christi Geburt. Demnach wurden die "drei Weisen" von keinem Stern zur Krippe in Bethlehem geführt und schon gar nicht von einem Kometen, sondern von einem Horoskop, einer einmaligen Konstellation von Sternen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 23 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Diese trat exakt am 17. April des Jahres 6 v. Chr. um 8.26 Uhr Ortszeit ein. Die Zeitschrift "Bild der Wissenschaft" berichtet in ihrer Dezember-Ausgabe darüber. Dass sich der in Rom lebende Mönch Dionysius Exiguus vor knapp 1.500 Jahren bei der Festlegung der Geburt Christi um einige Jahre vertan hatte, als er den Beginn der neuen Zeitrechnung festlegte, war unter Wissenschaftern schon länger klar.

Bei den vielen Versuchen, die tatsächliche Geburtsstunde einzugrenzen, hat der "Stern von Bethlehem" immer eine zentrale Rolle gespielt. Manche Wissenschafter glaubten an einen Kometen, andere an eine Supernova. Molnar setzte beim Beruf der "drei Weisen" an, die nämlich entgegen dem weit verbreiteten Glauben keine Könige waren. Nach dem griechischen Original waren sie "Magoi", das sind Sterndeuter oder Astrologen.

Fundgrube Tetrabiblos

Da zur damaligen Zeit die Himmelskunde der Griechen ihre Blüte hatte, studierte der Experte das dafür grundlegende Werk "Tetrabiblos" des griechischen Astronomen Ptolemäus und wurde fündig. Damit war zuerst einmal der Komet als Dreikönigsstern aus dem Rennen: Solche Himmelskörper galten als Vorboten für Tod und Krieg, nicht aber für königliche Geburten.

Jupiter, Saturn, Mars, Merkur, Venus, Sonne, Mond

Ptolemäus beschreibt, welche Konstellationen für die Geburt eines Königs günstig sind. Danach ist Jupiter als König der Planeten stets ein günstiges Zeichen. Kommt noch Saturn hinzu, kommen edle und gute Menschen zur Welt, die in Verbindung mit Mars zudem kräftig und streitbar werden. Merkur steht für fromme und philosophische Naturen, Venus für solche, die Gott lieben. Treten auch noch Sonne und Mond hinzu, werden laut Ptolemäus "die, welche erzeugt werden, Könige sein".

Schon ein Zusammentreffen dieser Planeten ist selten. Ereignet es sich aber zudem im Widder, dem heiligen Sternbild Judäas, musste das für die damaligen Astrologen das untrügliche Zeichen für die Geburt des neuen Königs der Juden sein, der dem Volk Israel im Alten Testament prophezeit worden war.

Am 17. April des Jahres 6 v. u. Z. um 8.26 Uhr war diese Konstellation eingetreten: Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn standen scheinbar in einer Reihe, die schmale Sichel des zunehmenden Mondes zog vor Jupiter im Sternbild Widder vorüber. Wegen der hellen Sonne war das Schauspiel nicht einmal zu beobachten, doch ist für Astrologen die Sichtbarkeit einer Sternenkonstellation unerheblich für die Wirkung eines Horoskops.

Die drei gelehrten Sterndeuter folgten somit nicht einem wirklich am Himmel stehenden Stern, sondern einem Horoskop, das wegen der Planetenkonstellation im Sternbild Widder nach Judäa deutete. Für Molnar erklärt das auch, warum sie nicht direkt nach Bethlehem reisten, sondern zunächst in die judäische Hauptstadt Jerusalem, um sich bei König Herodes nach dem genauen Geburtsort zu erkundigen. Der wiederum wusste nichts von einem Messias, weil er die griechische Sterndeuterkunst nicht kannte.

Nachfahre König Davids

Bethlehem, so heißt es in dem Bericht, könne dann das nächste Ziel gewesen sein, denn von dort stammte die Familie König Davids, und einige Menschen glaubten, dass der Messias dessen Ahnenlinie entstammen werde.