Nach dem Beinahe-Scheitern derKoalition ist dieRegierung bemüht, ihre Handlungs-fähigkeit unterBeweis zu stellen: Sie plant, eine neue Steuer einzuführen. | Wie beweist die Koalition, dass sie handlungsfähig ist? Indem sie sich auf die große Steuerreform einigt? Oder indem sie die Bundesstaat-reform durchführt? Durch Umsetzung der EU-Nichtraucherschutz-Richtlinie? Vielleicht gar durch eine Reorganisation des Gesundheitswesens? Nein, das alles nicht, sondern: Sie erfindet eine neue Steuer.
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Die Vermögenszuwachssteuer soll auf Wertzuwächse all dessen, was die Österreicher ihr Eigen nennen, eingehoben werden: Wohnungen, Häuser, Wertpapiere. Schließlich wird alles teurer, nicht wahr? Und warum sollte der Staat nicht noch ein weiteres Scherzerl vom Besitz der Österreicher abschneiden? Inflation hin oder her, auf dem Papier steht schließlich bei allen Gütern ein Wertzuwachs!
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Pfui allen, die meinen, 25 Prozent Kapitalertragssteuer auf Sparbuch-, Anleihen- und Aktienerträge seien genug, unsolidarisch seien jene, die ihre Wohnung steuerfrei den Kindern übergeben möchten, und vollends böse alle, die als Vorsorge für das Alter prosperierende Investmentfonds gekauft haben. Ein Volksfeind jeder, der für Vermögenszuwächse aus Anlagen, die mit bereits versteuertem Einkommen erworben wurden, nicht bis zu 50 Prozent des Wertzuwachses dem Staat abliefern will, und ein Phantast jeder, der dem Pensionssystem angesichts schwindender Kinderzahlen nicht mehr vertraut und selbst vorsorgt.
Und schon ist die Beruhigungsmaschinerie in Gang gesetzt: Der kleine Sparer werde natürlich ausgenommen, heißt es nun, Wohnungen in Eigennutzung ebenfalls, und so weiter und so weiter bis zur zwanzigtausendsten, hochkomplizierten Ausnahme, wie eben bei allen neuen Steuern bisher.
Und wofür das alles? Ganze 200 Millionen Euro Zusatzeinnahmen könnte die neue Steuer bringen. Genug, um das Defizit im Krankenkassen- und Gesundheitsbereich abzudecken? Wer´s glaubt, wird selig.
Bleibt noch die politische Räson: 200 Millionen Euro wird es doch wert sein, die gesamte Bevölkerung gegen sich aufzubringen. Die ist ja schlichtweg begeistert von der neuen Steuer. Die Banken, die das alles administrieren sollen, hat vorher keiner gefragt. Claus Raidl, Wirtschaftsberater der ÖVP, hat schließlich seinen Sanktus gegeben. Also: Auf zur neuen Attacke auf die Ersparnisse der Steuerzahler. Motto: 50 Prozent Grenzsteuersatz sind nicht genug!
Dass wir mitten in der weltweit schlimmsten Bankenkrise stecken, dass diese ihre Schatten auch nach Österreich wirft, hat mit der Einführung einer neuen Steuer ja nicht das Geringste zu tun. Auf der Insel der Seligen koppeln wir uns ab und machen unsere eigenen Gesetze. Hier werden die Sparer weiterhin Wertpapiere kaufen, etwa Fremdwährungsanleihen der Republik Österreich. Ergibt sich dann beim Verkauf ein Kursgewinn ("Wertzuwachs"), umso besser! Dann langt der Fiskus ein weiteres Mal zu!
Und dass etwa in Spanien die Sozialisten die Wahl mit dem Versprechen gewonnen haben, endlich die ungeliebte Wertzuwachssteuer auf Wohnungen und Häuser abzuschaffen, interessiert uns nicht. Wir führen sie erst einmal ein. Dann wird man weitersehen.
Die Kanzlerpartei darf sich freuen: Die ÖVP bringt hier auf dem Altar des Koalitionsfriedens Opfer, die sie bei den sicheren nächsten Wahlen das Vertrauen der Stammwähler kosten wird. Oder, wie die Innenpolitik-Journalistin Anneliese Rohrer treffend formulierte: "Vom Inflationsabgeltungspaket sind in der öffentlichen Wahrnehmung (. . .) nur die neue Vermögenszuwachssteuer, Verunsicherung und Ratlosigkeit übrig geblieben (. . .) Allein, die jetzt Gemobbten (Staatsbürger, die sich nicht wehren können) werden die Mehrheit sein. Am Wahltag."
Ob sich eine derartige Generalattacke gegen die Wähler für 200 Millionen Euro zusätzliche Steuereinnahmen wirklich auszahlt?