Erbschaftssteuer kommt durch die Hintertür zurück. | Neue Steuer bemisst sich ebenfalls am Einheitswert. | Wien. Es mutet fast wie ein juristischer Schildbürgerstreich an: Die Erbschaftssteuer fällt zwar mit 31. Juli 2008 - ab demselben Tag werden Erbschaften von Immobilien künftig allerdings der Grunderwerbsteuer unterliegen.
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Die Ironie dabei: Die Grunderwerbsteuer wird fast exakt gleich berechnet wie die vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) gekippte Erbschaftssteuer. Bemessungsgrundlage ist der dreifache Einheitswert. Für nahe Verwandte wie Ehegatten und Kinder wird darauf ein Steuersatz von 2 Prozent eingehoben, für andere Personen ein Steuersatz von 3,5 Prozent. Zum Vergleich: Bei der Erbschaftssteuer, die sich ebenfalls nach dem dreifachen Einheitswert bemisst, liegen die Steuersätze für nahe Verwandte zwischen 2 und 3 Prozent. Es ist also durchaus möglich, dass jemand nach dem 31. Juli 2008 ein Grundstück zwar erbschaftssteuerfrei erbt, dafür aber Grunderwerbsteuer in derselben Höhe wie die frühere Erbschaftssteuer fällig wird.
Fallende Ausnahme
Wie ist das möglich? Grund dafür ist eine bisher wenig beachtete Bestimmung im Grunderwerbsteuergesetz (siehe Kasten). Diese sieht Ausnahmen von der Steuerpflicht vor. Eine davon ist der "Erwerb von Todes wegen", wie er im Erbschaftssteuergesetz definiert ist. Da dieser Erwerb aber vom Verfassungsgerichtshof aus dem Gesetz gestrichen wurde, gibt es ihn nun auch nicht mehr als Ausnahme von der Grunderwerbsteuer. Die Folge: Die Erbschaft eines Grundstückes ist künftig ein Grunderwerb wie jeder andere auch und damit voll steuerpflichtig.
Steuerberater und Juristen hatten seit längerem darüber debattiert, wie der etwas kryptisch formulierte §3 des Grunderwerbsteuergesetzes im Zusammenhang mit dem VfGH-Entscheid zur Erbschaftssteuer zu interpretieren sei. Die Meinungen waren durchaus geteilt: Etwa die Hälfte war der Ansicht, dass der Fall der Erbschaftssteuer nicht dazu führt, dass künftig Grunderwerbsteuer fällig wird. Die andere Hälfte ging davon aus, dass eine Steuer durch die andere ersetzt wird. Dem Vernehmen nach gab es selbst unter den Fachleuten im Finanzministerium in dieser Frage unterschiedliche Auffassungen.
Mittlerweile sind die Differenzen aber geklärt. Ein Sprecher des Ministeriums erklärte auf Anfrage der "Wiener Zeitung", die Finanzbehörden würden den Passus so interpretieren, dass die Erbschaft von Grundstücken künftig grunderwerbsteuerpflichtig werde. Nachsatz: Das sei aber kein Problem, weil bei Grundstücken schon bisher im Rahmen der Erbschaftssteuer vom Fiskus ein sogenanntes "Grunderwerbsteuer-Äquivalent" eingehoben wurde, das in der Höhe ungefähr der Grunderwerbsteuer entspricht.
Karl Bruckner, der Präsident des Fachsenats für Steuerrecht in der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, kann die Argumentation der Finanz nachvollziehen. "Auch ich würde die Passage so interpretieren, dass Erbschaften von Grund künftig der Grunderwerbsteuer unterliegen." Allerdings sei schon ein wenig kurios, dass dadurch "die Erbschaftssteuer de facto durch die Hintertür wieder zurückkommt".
Ebenfalls kurios ist, dass mit der Bewertung über den dreifachen Einheitswert genau jene Steuerbemessungsgrundlage wiederkehrt, die der VfGH im Rahmen der Erbschaftssteuer auf Grundstücke als gleichheitswidrig bezeichnet hat.
Mit einer VfGH-Beschwerde gegen die Grunderwerbsteuer ist trotzdem nicht zu rechnen. Denn sie würde bewirken, dass ein Beschwerdeführer dem Fiskus mehr zahlen muss. Die Steuer würde sich dann nämlich am (höheren) Verkehrswert statt am Einheitswert des Grundstücks bemessen.