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Steuer-Poker bei Behörde

Von Claudia Peintner

Wirtschaft
Das Finanzamt Graz-Stadt überwies 2003 bis 2007 rund 4,6 Mrd. Euro Umsatzsteuer ins Ausland. Foto: Scheriau

Finanzamt Graz zahlte eine Milliarde Euro ohne adäquate Belegkontrolle aus. | Der Rechnungshof bemängelte bereits in früheren Berichten das Kontrollsystem. | Wien. Ausländische Betriebe haben es in Österreich scheinbar nicht schwer, mit der Mehrwertsteuer zu tricksen. Der Rechnungshof (RH) deckt in einem aktuellen Bericht erhebliche Mängel beim internen Kontrollsystem auf.


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Demnach hat das Finanzamt Graz-Stadt, das in Österreich für die Rückerstattung von Mehrwertsteuer-Guthaben an ausländische Firmen zuständig ist, seit 2004 bei Betriebsprüfungen weniger als ein Prozent der Fälle geprüft. In den Jahren 2007 und 2008 sei "rund eine Milliarde Euro ohne risikoadäquate Kontrollen ausbezahlt" worden, heißt es in dem Rechnungshofbericht. Dabei erfolgte die Aushändigung oft ohne die Vorlage von Originalbelegen.

Wiederholt erhielten ausländische Unternehmer darüber hinaus österreichische UID-Nummern - diese dienen der Identifikation eines Unternehmers gegenüber anderen Unternehmen im geschäftlichen Verkehr - ohne Vorliegen der Voraussetzungen. Laut dem Bericht war es für Grazer Finanzbeamte nicht möglich, viele Urkunden auf ihre Echtheit zu überprüfen - Bescheinigungen lagen häufig nur in der jeweiligen Landessprache vor.

Anträge verdreifacht,Personal musste gehen

Geht es nach dem Rechnungshof, dann ist das fehlende Risikomanagement auf Mängel beim IT-System, vor allem aber auf Arbeitsüberlastung und Personalnotstand in der Finanzverwaltung zurückzuführen.

Eine Statistik zeigt, dass zwischen 2003 und 2007 die Zahl der erledigten Anträge um 81 Prozent auf 5584 gestiegen ist. Die Zahl der eingesetzten Mitarbeiter sank im gleichen Zeitraum jedoch um etwa ein Fünftel auf 24. Auf einen Mitarbeiter entfielen 2008 rund dreieinhalb Mal so viele Erledigungen, wie 2003, so der Bericht.

Das für die Finanzbeamten zuständige Finanzministerium (BMF) weist die RH-Rüge zurück: Der Personalrückgang sei "politisch gewollt" gewesen und habe zu einer Steigerung der Effizienz in der Leistung der Mitarbeiter geführt. Die IT sei bereits verbessert worden. Und: Es gebe ausreichende Kontrollen, "auch noch vor der Auszahlung."

Dass bei Finanzämtern die interne Kontrolle und der Personaleinsatz mitunter inadäquat sind, haben jedoch bereits zwei andere RH-Berichte aus dem Jahr 2007 ergeben. Sowohl im Prüfbericht zu den Betriebsveranlagungen als auch im Bericht zu den Arbeitnehmerveranlagungen ist festgehalten: Es gebe Mängel bei der Auswahl, Menge und Häufigkeit der Kontrollen sowie bei der Verteilung der Arbeitsbelastung.

Eveline Ostermann, Landesvorsitzende der Finanz in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst Steiermark, fordert eine dringende Personalaufstockung. Durch die Steuerreform käme eine Masse an Arbeit auf die Mitarbeiter zu. Derzeit sieht der bundesweite Personalplan vor, dass in der Finanzverwaltung von 2009 bis 2013 615 öffentlich Bedienstete eingespart werden.