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Die Steuerbilanzen des Jahres 1999 lassen eine hübsche Bereicherung erwarten. Nachdem der Verfassungsgerichtshof das dunkle Kapitel der Treuegeld-Rückstellungen gelichtet und bereinigt hat und die | Gesetzemacher das seit 1994 geltende Rückstellungsverbot aus dem Einkommensteuergesetz wieder herausgestrichen haben, gibt es grünes Licht: Die handelsrechtliche Bilanzierungspflicht für Dienstnehmer- | Jubiläumsgelder wird auch steuerrechtlich wieder zugelassen. Mehr noch: wer die alte Rückstellung gesetzeskonform inzwischen nachversteuert hat, darf die Steuer wieder zurückholen · per Antrag bis | 30. Juni 1999.
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Die Vorgeschichte ist bekannt: Die bis Ende 1993 steuerwirksam gebildeten Vorsorgen für die Jubiläumsgeldansprüche der Dienstnehmer fielen dem damaligen Steuerreformgesetz zum Opfer und
mußten in den Jahren 1994 bis 1997 aufgelöst und nachversteuert werden; zuerst in jährlichen Fünftelbeträgen, in den Jahren 1996 und 1997 mit dem Restbetrag.
VfGH gegen
Rückstellungsverbot
Dann passierte es, daß wagemutige Firmen die neue steuerliche Einschränkung bei der Jubiläumsgeldvorsorge nicht so einfach hinnahmen. Das Obligo konnte sich bei Großbetrieben, insbesonders bei
jenen mit lang und treu dienenden Mitarbeitern, zu einer ganz beachtlichen Hypothek herauswachsen und es war eigentlich nicht einzusehen, daß der handelsrechtlichen Passivierungspflicht keine
steuerrechtliche Absetzbarkeit gegenüberstand, daß die Rückstellungen also aus dem versteuerten Gewinn gebildet werden mußten.
Der Verfassungsgerichtshof fand diese Argumentation einsichtig und zu Ende 1997 verfügte er die Aufhebung des steuerlichen Abzugsverbots für derlei Dotationen, freilich erst mit Wirkung ab 1999.
Steuerwirksamkeit ab 1999
Mit dem Abgabenänderungsgesetz von 1998 wurde dementsprechend die steuerwirksame Treuegeld-Vorsorge wieder eingeführt, allerdings mit Nachholverbot: Die steuerrechtliche
Rückstellungsbildung darf nur mit den auf die Jahre ab 1999 entfallenden Dotationsbeträgen erfolgen.
Im übrigen muß die wieder zugelassene steuerliche Rückstellung auf Kollektivvertrag oder Betriebsvereinbarung beruhen oder sonst mit einer schriftlichen, rechtsverbindlichen und unwiderruflichen
Zusage verbunden sein. Die Ermittlung muß versicherungsmathematisch oder jedenfalls finanzmathematisch vorliegen.
Keine Wertpapierdeckung
Kopfschütteln erzeugt eine Passage in dem gleichzeitig geänderten § 124 b des Einkommensteuergesetzes, in dem verfügt wird, daß für die Jubiläumsgeldrückstellung auch eine Wertpapierdeckung
erforderlich ist.
Des Rätsels Lösung: In der Urfassung des Gesetzentwurfs war tatsächlich eine solche Begleitmaßnahme vorgesehen; sie wurde aber im Zuge der Gesetzwerdung wieder herausgestrichen. Nur den
schlichten § 124 b hat man dabei zu bereinigen vergessen und so blieb der Torso der Wertpapierdeckung sozusagen "in der Luft hängen".
Natürlich verspricht die Finanz, daß sie diese Pseudoverpflichtung nicht exekutieren wird, und anläßlich einer der vielen künftigen EStG-Novellen soll das Redaktionsversehen auch bereinigt werden.
"Entsteuerung" der Vorjahre
Zurück zu der alten Rechtslage, die durch das Steuerreformgesetz von 1994 abrupt abgewürgt wurde. Nach dem erlösenden VfGH-Erkenntnis vom Dezember 1997 lag natürlich bei der Finanz die Befürchtung
nahe, daß auch die steuerpflichtige Teilauflösung der alten Rückstellungen vom Höchstgericht als ein bißchen links von der Legalität angesehen werden könnte. Da legte man lieber gleich selbst Hand
an.
Mit dem gleichen Abgabenänderungsgesetz von 1998 bot man allen betroffenen Unternehmen die Möglichkeit, die Versteuerungsakte seit 1994 wieder rückgängig zu machen. Wo schon rechtskräftige
Steuerbescheide vorliegen (im Regelfall bis 1996) sollte eine Wiederaufnahmemöglichkeit angeboten werden.
VfGH-Verfahren vermieden
Daß diese Eigeninitiative des Fiskus ihren guten Grund hatte, zeigte sich tatsächlich, als das Höchstgericht drei solcher Beschwerden in Behandlung nahm und vermutlich im Sinne der
beschwerdeführenden Firmen erledigt hätte. Indes konnte es auf das inzwischen verkündete Abgabenänderungsgesetz und die dort gebotene Möglichkeit hinweisen, die als verfassungswidrig befürchtete
Nachversteuerung ganz legal wieder rückgängig zu machen. Unter diesem Aspekte konnten alle drei Beschwerden ¹) zurückgewiesen werden.
Wiederaufnahme zulässig
Als Berichtigungsmöglichkeit für die Vorjahre ist im Einkommensteuergesetz nun ein eigenständiger Wiederaufnahmetitel verankert worden. Demnach können die endgültig veranlagten Steuerjahre, in
denen eine derartige (Teil-) Auflösung und Versteuerung alter Jubiläumsgeldrückstellungen vorgenommen wurde, auf Antrag wieder "entsteuert" werden, das heißt, die Versteuerung der damaligen
Rückstellungsteilbeträge kann aufgehoben und rückgängig gemacht werden.
Antrag bis 30. Juni 1999
Der Antrag in derlei rechtskräftigen Steuerfällen kann · so liest man es im Gesetz · bis 30. Juni 1999 gestellt werden, beim zuständigen Betriebsfinanzamt natürlich. Diese Terminisierung hat
inzwischen selbst wieder Zweifelsfragen aufgeworfen. Das Wort "kann" bedeutet offenbar bloß die Zulässigkeit einer Antragstellung bis zum Juni-Ultimo; es heißt im Gesetz nicht "kann nur " oder "ist
zu stellen".
Nach dieser Diktion dürfte es sich also nicht um eine zwingende Fallfrist handeln. Dennoch empfiehlt man selbst bei der Behörde, die gesetzliche Formulierungsschwäche nicht extensiv auszulegen · und
lieber den letzten Juni-Tag zu beachten. Sicher ist sicher.
¹) B 3097/97, B 3120/97, B 116/98 · alle vom 11.3.1999