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Steuerdumping allein reicht nicht

Von Veronika Gasser

Europaarchiv

Mit der Senkung der Körperschaftssteuer (KöSt) von 34 auf 25 Prozent versucht Österreich beim Steuerdumping mit den neuen EU-Beitrittsländern zu punkten. Doch für das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) ist damit der Standortwettbewerb noch lange nicht gewonnen. Denn das Wichtigste fehlt: Geld für Forschung und Entwicklung sowie Aus- und Weiterbildung. Werde da nicht rechtzeitig investiert, betont Wifo-Vize Karl Aiginger, "können wir die Steuerschlacht vergessen".


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Österreich hat keine Wahl, das weiß Aiginger. Es muss seine Ausgaben für Forschung und Bildung in den nächsten zwei Jahren dramatisch erhöhen. Hier seien Staat und Unternehmen gleichermaßen gefordert. Denn nur mit hochqualifizierten Arbeitskräften könnten wir innerhalb der erweiterten Union in der Oberliga mitspielen. Werde das Ausbildungsproblem wie bisher weiter verdrängt, dann wäre die Körperschaftssteuer umsonst weit unter den Unionsschnitt von 29 Prozent gesenkt worden.

Das Lohnniveau herunterzuschrauben, sei für die heimische Wirtschaft die falsche Lösung, da hätten die Erweiterungsländer die Nase vorne. Deren Arbeitskosten machen nur ein Drittel der heimischen aus. "Mit diesen Ländern werden wir nie wettbewerbsfähig sein, und wir wollen es auch nicht." Aigingers Rezept heißt Qualität statt Billigproduktion. Doch es braucht dazu die richtigen Zutaten wie gute Basisausbildung und permanente Weiterbildung.

Österreich müsste in einem gemeinsamen Kraftakt auch Forschung und Entwicklung zur Priorität erklären und danach handeln. Derzeit liegt die Alpenrepublik bei Forschungsausgaben mit zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) knapp unter dem EU-Durchschnitt. Finnland habe schon heute die von der EU in der Lissabon-Strategie geforderte Forschungsquote von 3 Prozent des BIP überschritten. Deshalb zählt es mit Schweden und Dänemark zu den Wirtschaftsmotoren der EU. Dort nehmen auch rund 20 Prozent der Bevölkerung an Weiterbildungsmaßnahmen teil, in Österreich sind es nur 8 Prozent. Beschämend sei im EU-Vergleich gar die Zahl der Naturwissenschafter und Techniker, die pro Jahr ihr Studium beenden: Es sind knapp 7.000. In dieser Statistik werde Österreich nur von Portugal den Niederlanden und Italien unterboten.

Auch die EU-Kommission kämpft gegen das mangelnde Problembewusstsein der Mitglieder. Die Wirtschaft der Union hinke hinter jener der USA hinterher, erklärt Heinz Zourek, Vize in der Generaldirektion Industrie. Die Wende fand Mitte der 90er Jahre statt: Seither habe die EU nur noch zwei Drittel der US-Leistungskraft. Aus diesem Grund wurde 2000 die Lissabon-Strategie von den Staatschefs abgesegnet. Im Vorfeld gab es heftige Debatten. So wollte Finnland eine Forschungsquote von 3 Prozent nur als Mindestvorgabe akzeptieren, da es damals schon darüber lag. Die österreichischen Vertreter zeigten sich begeistert, relativierten jedoch sogleich indem sie meinten: Das Ziel sei gut, aber für Österreich nicht vor 2048 zu erreichen, erzählt Zourek. Sollten sich Österreichs Wirtschafts- und Finanzminister mit dem bisher Erreichten zufrieden geben, so sei dies der falsche Ansatz: "Wenn jetzt Selbstzufriedenheit eintritt, wurde die Sache verfehlt." Denn Grund zu Euphorie gebe der aktuelle Fortschrittsbericht zum Lissabon-Ziel überhaupt nicht.

Die heimische Produktivität sei die drittbeste der Welt. Doch sollte die notwendige Bildungsoffensive ausbleiben, hätte Österreich diese Position im Nu verspielt, warnt Aiginger. "Dann kann auch die Erweiterung nicht mehr als Chance genutzt werden.