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Steuerdumping vor unserer Haustüre

Von Erich Wolf

Wirtschaft

19 Prozent Flat Tax locken Investoren. | Standortverlagerung aber schwierig. | Wien. Seit in der Slowakei 2004 die Flat Tax eingeführt worden ist, gilt das Nachbarland als Steuerparadies. Sowohl Kapitalgesellschaften als auch Einzelunternehmen oder Gesellschafter einer Personengesellschaft unterliegen einem Tarif von 19 Prozent. In Österreich werden hingegen nur Kapitalgesellschaften mit einem linearen Tarif von 25 Prozent, natürliche Personen mit einem progressiven Satz bis 50 Prozent besteuert. Eine Standortverlagerung heimischer Unternehmer oder Privatpersonen über die Grenze scheint also vielversprechend, doch warten dort nicht nur Vorteile.


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Die Slowakei ist in erster Linie ein Steuerparadies für hohe Einkommensbezieher, da die Steuerpflicht bei natürlichen Personen schon bei 2000 Euro beginnt; in Österreich erst bei 10.000 Euro. Allerdings sind Abschreibungen schneller möglich als in Österreich. Ein PKW kann beispielsweise in vier Jahren abgeschrieben werden, wohingegen bei uns die Anschaffungskosten auf acht Jahre zu verteilen sind. Die in Österreich gültige Obergrenze von 40.000 Euro für die Abschreibung von Luxusautos ist in der Slowakei unbekannt.

Im Gegensatz zu Österreich gelten bei unseren Nachbarn als Geringwertige Wirtschaftsgüter mit Sofortabschreibung Vermögensgegenstände bis zu einem Wert von rund 750 Euro (30.000 Slowakische Kronen), während das hiesige Steuerrecht die Grenze bereits bei 400 Euro zieht. Auch Leasing ist in der Slowakei begünstigt, da die Abschreibungsdauer beim Leasingnehmer auf 60 Prozent der normalen Abschreibungsdauer, mindestens jedoch drei Jahre, verkürzt werden kann.

In Bezug auf Immobilien punkten die Slowaken im Match gegen Österreich mit einer einheitlichen Abschreibungsdauer für Gebäude von 20 Jahren; in Österreich 33 bis 67 Jahre.

Ferngeschäftsführung

Eine Briefkastenfirma in Pressburg mit Büro, Faxgerät und e-Mail-Anschluss reicht aber nicht aus, um eine steuerliche Standortverlagerung zu erreichen. Auch die Ferngeschäftsführung einer slowakischen s.r.o. (vergleichbar mit der österreichischen GmbH) ist steuerrechtlich problematisch. In diesen Fällen wird es nämlich auf kurz oder lang zu einer Besteuerungskonkurrenz zwischen der Slowakei und Österreich kommen. Denn die Gewinne müssen in jenem Land versteuert werden, in dem diese (wirtschaftlich tatsächlich) entstehen.

Eine slowakische s.r.o. muss daher den Ort der tatsächlichen Geschäftsführung in der Slowakischen Republik haben oder es muss zumindest eine aktive Betriebsstätte in der Slowakei vorhanden sein. Im letzteren Falle sind die Betriebsstättengewinne in der Slowakei zu versteuern und der restliche Gewinn in Österreich.

Mobiler Betrieb

Eine Standortverlagerung wird jedoch bei jenen Unternehmen möglich sein, bei denen die betrieblichen Funktionen mobil sind, also etwa bei einem Internet-Shop oder bei Dienstleistungen. Schwierig wird es hingegen bei Produktionsstätten oder im Handel bei intensiven Kundenkontakten im Inland. Die Verlagerung des Wohnsitzes in die Slowakei ist jedenfalls nicht erforderlich, der Unternehmer wird aber einen (Groß)Teil seiner Arbeitszeit in der Slowakei verbringen müssen.

Doch auch Österreich hat für Steuerpflichtige einige Anreize zu bieten. Im Zuge der Gruppenbesteuerung können sogar slowakische Verluste in Österreich verwertet werden. Zudem besteht die Gefahr, dass die Slowakische Regierung ihr Steuerparadies mit einer derzeit diskutierten Millionärssteuer selbst zerstört.

Gegen die baldige Einführung eines progressiven Einkommensteuersystems nach österreichischem Vorbild spricht allerdings der Druck der Konzerne. Massive Deinvestitionen aus der Slowakei hätten sicher eine wirtschaftliche Rezession zur Folge.

Erich Wolf ist Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in Wien.