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Steuerentlastung für geheime Verführer

Von Alfred Abel

Wirtschaft

Dass man so etwas erleben darf: Steuern werden abgeschafft! Die für viele schwer verständliche Besteuerung von Inseraten und Plakaten mit eigenen Steuern soll ab 1. Juni dieses Jahres endlich der Vergangenheit angehören. Das unsinnig Übersiedeln von Verlagen und Werbeproduzenten in Minigemeinden, die solche Steuern nicht kennen oder sie proforma kassieren, aber als Subvention wieder zurückerstatten, könnte sich aufhören. Ein Vorgriff aufs Paradies?


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Nicht ganz, denn an die Stelle der Anzeigen- und Ankündigungsabgaben kommt eine neue Steuer auf uns zu, neu gestylt, aber nur zum halben Tarif. Hier ist ein Überblick in zehn Kapiteln.

1. Neue 5%ige Werbeabgabe

Die neue Steuer, die die verwirrende Mixtur von Anzeigenabgaben (der Länder) und Ankündigungsabgaben (der Gemeinden) ablösen soll, heißt schlicht "Werbeabgabe", ist bundeseinheitlich konzipiert und will die geltenden, meist 10%igen Steuersätze auf bloß 5% reduzieren. Damit soll gleichzeitig die diffuse Doppelbelastung entfallen, wenn eine Werbung sowohl als Inserat als auch als Plakat platzieren wird. So will es der derzeit im Parlament vorliegende Gesetzentwurf.

2. Inlands-Werbebotschaften

Die Werbeabgabe soll Werbeleistungen im Inland besteuern. Das klingt nach einer klaren Umschreibung, lässt aber in der Praxis vielerlei Auslegungen zu. Deshalb sind die dazu verfassten amtlichen Erläuterungen dreimal so lang wie der Gesetzesparagraph selbst. Konkret: Besteuert wird die Veröffentlichung von Werbeeinschaltungen in Printmedien, Hörfunk und Fernsehen und die Duldung der Benützung von Flächen und Räumen zur Verbreitung von Werbebotschaften. Mit letzterem ist die Nutzung von Plakatwänden, Schaukästen, aber auch die Werbung auf Kinoleinwänden, auf Fahrzeugen und so weiter gemeint.

3. Product placement

Damit ist der Begriff der Werbeleistungen aber noch nicht erschöpft. Denn es muss ja nicht immer Werbung erkennbar sein, wenn Werbung passiert. Eine Vorausplakatierung "Am Montag passiert es", um auf die ab Montag anlaufende "echte" Campagne neugierig zu machen, gilt schon als Werbebotschaft und ist steuerpflichtig. Auch die versteckte Werbung, das in Film und Fernsehen eingeschleuste "product placement", das den Hinterkopf des Beschauers unterschwellig reizt, ist Werbung und kostet. Ein "redaktioneller" Artikel mit geheimem Verführungsinhalt zieht Werbeabgabe nach sich, erst recht, wenn es einen Druckkostenbeitrag dazu gibt.

4. Werbung über Grenze

Damit Werbung werbeabgabepflichtig wird, muss sie sich im Inland auswirken. Grenzüberschreitende Werbeleistungen von Österreich aus müssen deshalb gesplittet werden: in einen (steuerpflichtigen) inländischen Werbeleistungs-Anteil und einen ausländischen; der ausländische Anteil bleibt steuerfrei. Das kann Kopfzerbrechen bereiten und deshalb soll dem Gesetz noch ein ausführlicher Durchführungserlass beigegeben werden.

5. Weltweite Werbeproduktionen

Kompliziert wird's, wenn die Werbung überhaupt im Ausland produziert und weltweit verbreitet wird, Österreich also quasi von der Ferne her "mitgenommen" wird. Die auch in Österreich erkennbaren Werbebotschaften sind hier nicht steuerbar. Das träfe auch auf ausländische Zeitschriften mit einer auch für Österreich geltenden Werbemasche zu; selbst wenn man diese Zeitschriften hierorts kaufen kann, bleibt die Werbung in Österreich unangreifbar.

Wieder anders: Das deutsche Magazin "Die Farbige", das man auch bei uns kaufen kann, enthält (auch) österreich-spezifische Werbung. Keine Steuer. Wenn die "Farbige" aber einen eigens produzierten Österreich-Teil enthält (mit alpenländischen Werbereizen), dann langt die Werbeabgabe hierorts zu. Ähnliches gilt natürlich auch für die diversen "Österreich-Fenster" von SAT 1, RTL oder anderen.

6. Soll- oder Ist-Besteuerung

Die neue Werbeabgabe wird vom Entgelt der Werbeleistungen berechnet, wie es dem Auftraggeber in Rechnung gestellt wird. Wenn der Steuerschuldner seine Umsatzsteuer nach sogenannten "vereinnahmten" Entgelten versteuert, dann darf er das auch bei der Werbeabgabe. Dann wird nicht bereits die Werbe-Faktura besteuert, sondern eben erst der Geldeingang.

7. Haftung für die Steuer

Wer ist die neue Steuer schuldig? Natürlich derjenige, der die Werbung ausführt, dafür die Rechnung legt bzw. das Honorar kassiert. Schon klar, dass die Steuer an den Auftraggeber weitergewälzt wird. Da ergibt sich die Folgefrage von selbst: Wer schuldet, wenn die österreichische Werbecampagne vom Ausland hereinproduziert wird? Der Gesetzentwurf weist den einfachen Weg: es schuldet (und haftet) der inländische Auftraggeber und ist auch der nicht greifbar, dann haftet eben derjenige, der Interesse an der heimischen Werbebotschaft hat.

8. USt.-ähnliches Steuerverfahren

Der praktische Ablauf der Besteuerung ähnelt jenem bei der Umsatzsteuer. Der Werbeunternehmer hat die Steuer selbst zu berechnen und bis zum 15. des zweitfolgenden Monats an das Betriebsfinanzamt abzuführen. Gemeinden und landesfürstliche Finanzkassen sind nicht mehr zuständig. Bis Ende März haben die Abgabenschuldner beim Finanzamt eine Jahressteuererklärung für das Vorjahr einzureichen (wobei der Abgabetermin wie bei allen anderen Steuererklärungen erstreckbar ist).

9. Euro-Bagatellgrenzen

Bei der neuen Steuer gibt es auch Bagatellgrenzen, weil es ein modernes Gesetz ist, gleich in Euro. Steuerbeträge unter 20 Euro müssen nicht bezahlt werden. Jahressteuerbeträge von weniger als 50 Euro werden von der Finanz "net amal ignoriert" und wenn die Summe der Werbeentgelte eines Jahres 1.000 Euro nicht erreicht (Freigrenze!), dann entfällt auch die Steuererklärung.

Wurde schon gesagt: Die neue Steuer soll für alle Werbeleistungen nach dem 31. Mai dieses Jahres fällig werden, erstmals also am 16. August, und zahlbar an die Finanzämter.

10. Inkassovorteil für Fiskus

Für seine neue Funktion als Werbeabgaben-Inkassant soll der Fiskus eine Inkassoprämie von 4% erhalten. Die Verteilung der übrigen 96% steht derzeit noch nicht fest. Experten erwarten eine Mordsrauferei zwischen Gemeinden und Ländern. Bis sich eine Einigung abzeichnet wird wohl noch einige Zeit vergehen, aber der Finanzminister hat keine Eile, denn er darf mit dem guten Geld arbeiten. Oder, wie es offiziell heißt: es wird einstweilen "auf einem Sonderkonto nutzbringend angelegt".