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Die am Freitag präsentierte Steuerreform 2005 dominierte die innenpolitischen Debatten am Wochenende. So vermisste die Opposition klare Aussagen zu einer Finanzierung der geplanten Maßnahmen im Umfang von 2,5 Milliarden Euro. Steuererhöhungen oder neue Belastungen seien ausgeschlossen, versicherten jedoch Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und | Finanzminister Karl-Heinz Grasser.
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So überraschend der Abschluss der Gespräche über die Steuerreform 2005 war, so skeptisch zeigten sich Opposition, Bund der Steuerzahler und Städtebund (siehe Seite 2). Die Regierungsmitglieder hingegen fanden nur lobende Worte für die Entlastung, die großteils mit 1. Jänner 2005 in Kraft treten soll. So betonte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, dass es in Österreich "noch nie eine so ambitionierte und ehrgeizige Steuerreform" gegeben habe. Alle SteuerzahlerInnen würden davon profitieren.
Am Freitag hatte sich die Koalition auf eine Reform mit drei Schwerpunkten geeinigt: Änderung des Einkommensteuer- und Lohnsteuertarifs, Stärkung für Familien und Senkung der Körperschaftssteuer (KöSt). Die Tarife bei Lohn- und Einkommensteuer werden neu geordnet und ausgehend von zwei Durchschnittssteuersätzen (23 und 33,5 Prozent bei 25.000 und 51.000 Euro jährlicher Berechnungsgrundlage) berechnet. Dazwischen steigen die Steuersätze mit zunehmendem Einkommen an. Bis 10.000 Euro - ein Einkommen von 15.770 Brutto - fällt keine Steuer an. Bei Einkommen über 51.000 Euro wird der Teil darüber mit dem gleichbleibenden Spitzensatz von 50 Prozent besteuert.
Die Steuererleichterung würde bis zu 670 Euro jährlich (bei einer Berechnungsgrundlage von 11.000 Euro jährlich) betragen, erklärte Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Bei einer Berechnungsgrundlage von 22.000 Euro macht die Differenz 144 Euro, bei 44.000 aber 335 Euro, bei Einkommen ab 51.000 rund 165 Euro jährlich aus. Vorgesehen ist auch eine höhere Absetzbarkeit des Kirchenbeitrags. Dem Bund entgehen durch all dies Einnahmen in der Höhe von 1,1 Mrd. Euro.
Weitere 250 Mill. Euro kosten die Maßnahmen zur Stärkung der Familien - wie der Kinderzuschlag zum Alleinverdienerabsetzbetrag. Und 975 Mill. Euro Verlust bringt die Senkung der KöSt von 34 auf 25 Prozent. Doch dadurch werde der Wirtschafts- und Arbeitsstandort gestärkt, betonte Schüssel - und bezeichnete die deutliche Reduktion als "wirklichen Hammer". Österreich könne damit als Vorbild für Nachbarländer wie Deutschland fungieren, fügte der zweite Nationalratspräsident und Mitverhandler Thomas Prinzhorn hinzu.
Dass eine Gegenfinanzierung der Maßnahmen durch Steuererhöhungen ermöglicht werde, bestritten sowohl Schüssel als auch Grasser. "Die Gegenfinanzierung besteht darin, dass Strukturreformen umgesetzt werden", stellte der Bundeskanzler fest. Auch der Vorarlberger Landeshauptmann Herbert Sausgruber, der die Reform für die ÖVP mitverhandelt hatte, schloss in der gestrigen Fernseh-"Pressestunde" Erhöhungen aus. Die Finanzierung der Kosten von 2,5 Mrd. Euro erfolge durch "Ausgabendisziplin", das - erhoffte - Wirtschaftswachstum sowie eine "leichte Defizit-Delle" in den Jahren 2005 und 2006. Laut Grasser würde das Budgetdefizit im kommenden Jahr auf 1,5 Prozent steigen. Gleichzeitig verwies der Finanzminister auf die Steuer- und Abgabenquote: Diese könne auf 42,3 oder 42,4 Prozent gesenkt werden.
Auch die FPÖ brachte ihre Zufriedenheit zum Ausdruck: Es sei gelungen, die Forderung nach einem Vorziehen von Teilen der Steuerreform durchzusetzen. So sollen die Erleichterungen für Familien schon heuer wirken. "Die Steuerreform konnte rasch erarbeitet und verabschiedet werden", lobte Kärntens Landeshauptmann und freiheitlicher Chefverhandler Jörg Haider, der noch wenige Tage zuvor am Zustandekommen rascher Ergebnisse gezweifelt hatte. "Wir stellen rechtzeitig die Weichen vor der EU-Erweiterung", erklärte er hingegen am Wochenende mit einem Hinweis auf die KöSt-Senkung.
ÖVP-Frauenministerin Maria Rauch-Kallat wiederum freute sich, dass zu den größten Nutznießerinnen der Steuerreform Frauen gehören. Denn deren Löhne bewegen sich oft in den unteren Einkommensbereichen, die nun entlastet werden.
Als erfolgreich sehen sich auch die ÖVP-Bünde an. Während der Bauernbund die Senkung der Mineralölsteuer auf Agrardiesel lobte, zeigten sich Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung über die Senkung der Körperschaftssteuer erfreut.