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Steuerfreier Hausrat muss bunt gemischt sein

Von Alfred Abel

Wirtschaft

Die Zuckerdose war echtes Meissner Porzellan mit einem Wert von 120.000 Schilling. Der China-Teller war für 170.000 Schilling wohlfeil, und wer aus der Sorgenthal-Tasse getrunken hätte, hätte 45.000 Schilling in der Hand gehalten. Was sonst noch an Porzellan, an Kunstgegenständen und sonstigem Wohnungsinventar zur Verlassenschaft gehörte, hatte immerhin einen Wert von 2,5 Mill. Schilling, da stand es sich schon dafür, im Gesetz nach einem Ausweg aus der teuren Erbschaftssteuer zu suchen.


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Der Begriff des Hausrats bot sich dafür an. Je weiter ein Erbe (oder Geschenknehmer) vom Verstorbenen (oder Geschenkgeber) genealogisch entfernt ist, um so höher steigt der Erbschaftssteuertarif (der in gleicher Höhe auch für Schenkungen gilt).

Dazu gibt es im Tarifschema gleich fünf Klassen: die Klasse I für Ehepartner und Kinder, II für deren Abkömmlinge, III für Eltern und Geschwister, IV für Schwiegerkinder und Schwiegereltern des Erblassers oder Geschenkgebers. Klasse V umfasst alle übrigen Begünstigten, vor allem jene Personen, die zu dem Erblasser oder Geschenkgeber fremd sind.

Steuerprivileg für Hausrat

In den einzelnen Klassen bewegen sich die Steuersätze - je nach dem Wert des übertragenen Vermögens - von sanften Startsätzen (2, 4, 6, 8 und 14%) zu respektablen Höchstsätzen, mit denen der Fiskus ordentlich zupackt: 15, 25, 40, 50, 60%. Im Klartext: Von der Erbmasse eines begüterten Verstorbenen der Klasse V sackt der Fiskus bis zu 60% in die Finanzkasse. Da sind die verschiedenen - seit Jahrzehnten unverändert gebliebenen - Freigrenzen und Freibeträge nur ein schwacher (und wenig spürbarer) Trost. Ein Privileg ist freilich ungeachtet der Zeitläufe unverändert attraktiv geblieben: Die Steuerbegünstigung für Hausrat.

Probleme der Zuordnung

Der Erwerb von Hausrat (einschließlich Wäsche und Kleidungsstücken) ist erbschafts- und schenkungssteuerfrei. Die Befreiung gilt so freizügig allerdings nur in den Klassen I und II: Nämlich für Hausrat in jeder wertmäßigen Höhe. In den Klassen III und IV gilt sie nur bis 20.000 Schilling (Freibetrag) und in der "Fremdklasse" V gilt sie überhaupt nicht.

Die Hausrat-Befreiung bei Ehepartnern, Kindern und Enkelkindern legt den Versuch nahe, den Begriff des Hausrats möglichst extensiv auszulegen, sozusagen, ihn als "alles, was sich in der Wohnung befindet" anzusehen. Das hat immer wieder zu Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung geführt, die dem Begriff (verständlicherweise) einen engeren Inhalt gibt. Dabei kommt es häufig zu Meinungsverschiedenheiten, wenn es um "wertvollen Hausrat" geht oder um solchen, der tatsächlich keiner ist, weil er eigentlich zu (steuerpflichtigen) Sammlungsstücken gehört.

Leitlinien des Höchstgerichts

Vor mehr als einem Jahrzehnt hat der Verwaltungsgerichts-hof in einem heute noch als sensationell angesehenen Erkenntnis die Leitlinien für den Begriff des Hausrats festgeschrieben und dabei vor allem unterstrichen, dass es bei diesem Begriff auf den Wert nicht ankommt, dass also auch wertvoller Besitz die Eigenschaft als (steuerfreier) Hausrat nicht verlieren muss; Auch dann nicht, wenn es sich um vor Generationen angeschafftes Familiensilber handelt.

Demnach ist Hausrat alles, was zur "gewöhnlichen" (nämlich üblichen) Einrichtung und Ausstattung einer Wohnung gehört (z.B. Möbel, Teppiche), wozu auch die zur Führung eines Haushalts erforderlichen Gerätschaften sowie die dem persönlichen Gebrauch des Steuerpflichtigen und seiner Familie dienenden Sachen gehören. (VwGH 83/15/0065 v. 22.3.1984).

Echte Wohnungsausstattung

Nach dieser Begriffsumschreibung entscheidet nicht der Wert eines Gegenstandes über seine Zugehörigkeit zum Hausrat, sondern der räumliche und funktionelle Zusammenhang mit einer Wohnung.

Möbelstücke, Teppiche, Gemälde können also - auch wenn sie teuer oder luxuriös sind - steuerfreier Hausrat sein, sofern bei ihnen noch von einer Wohnungsausstattung oder Wohnungseinrichtung gesprochen werden kann. Diese Voraussetzung wäre nur dann nicht erfüllt, wenn Räume nicht oder nur in geringem Maß zu Wohnzwecken, sondern ganz oder überwiegend zur Aufbewahrung oder Präsentation der Gegenstände dienten. An ein paar Beispielen: Biedermeiermöbel, die nur Schaustücke sind, von denen jeder platzsuchende Besucher sofort verscheucht würde, sind kein Hausrat; Ebenso wenig wie Bilder, die nicht als Wohnungsdekoration herumhängen, sondern blattweise in einer Sammelmappe liegen; Ebenso wenig wie wertvolle Teppiche, die nicht in der Wohnung aufliegen, sondern hübsch zusammengerollt im Dorotheum deponiert sind.

Woraus jeder künftige Erblasser oder Geschenkgeber rechtzeitig seine notwendigen Dispositionen ableiten kann.

Schwierige Abgrenzung

Wie ernst die Finanz die Abgrenzung zwischen Gütern als Wohnungsausstattung oder Gütern als Sammlungs- und/oder Wertanlagen nimmt, zeigt ein anderes Judikat aus dem Vorjahr, das sich mit dem eingangs erwähnten Porzellangeschirr und sonstigen kostbaren Kunstgegenständen eines Erblassers beschäftigen musste. Die Erben schworen Stein und Bein, dass all die schöne China-Ware immer wieder zu besonderen Anlässen verwendet worden war und dass die Miniaturen und Gefäße biederer Wohnungsdekor gewesen sei, ungeachtet der Kostbarkeiten.

Die neugierigen Finanzer wollten sich selbst ein Bild machen und hielten in der Wohnung des Erblassers Nachschau. Auch ohne Experten in gehobener Esskultur zu sein, erkannten sie bald, dass das schöne Porzellan wohl kaum im Geschirrspüler gereinigt wurde und dass da eher die erfahrene Hand eines Sammlers am Werk gewesen war, weniger eine, der es bloß um hübsche Tässchen auf Anrichten, Etageren und Glaskästen gegangen war.

Sammelstücke kein Hausrat

"Sammlung" oder "bunt" zusammengewürfelte Menge"? Man merkt dem neuen Erkenntnis an, wie schwer es dem hohen Gerichtshof fällt, seine einstige Rechtsauffassung aufrecht zu erhalten. Eine Zuckerdose um 120.000 Schilling, einen Teller um 170.000 Schilling, eine Tasse um 45.000 Schilling kommen "vernünftigerweise nur höchst selten zum Einsatz", da war schon eher der Sammlertrieb des Besitzers im Vordergrund, meinten die Höchstrichter. "Steht aber die Funktion als Wertanlage im Vordergrund, dann kann von einem funktionellen Zusammenhang mit einer Wohnungseinrichtung keine Rede mehr sein".