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Parteien sind nicht nur zum Wahlkämpfen da. Auch für genügend Kandidaten bei Wahlen sollten sie sorgen.
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Die Überraschung hält sich in engen Grenzen: Jetzt sollen also auch die Grünen in Sachen Polit-Kommunikation keine ganz Guten mehr sein. Der Vorwurf: Die Ökopartei picke sich gezielt Personen aus anderen Parteien heraus, um sie zum Sündenbock und Feindbild aufzubauen. Angeblich aber ohnehin nur, um uns Medienmenschen das Tagesgeschäft zu erleichtern. Und ausgerechnet das BZÖ echauffiert sich am lautesten darüber.
Neu ist das natürlich keineswegs, verstehen sich doch auch die Grünen nicht erst seit gestern auf das politische Jagdhandwerk. Und dieser simple Dreh an sich existiert mindestens schon so lange, wie beim Kampf um die Macht, in welcher Form auch immer, das Volk ein Wörtchen mitzureden hat.
Aber gibt es in der Politik tatsächlich keine Alternative zur negativen Personalisierung? Der Kärntner Kommunikationsprofi Wolfgang Rosam will das nicht glauben. Im Gegenteil: Er ist sogar felsenfest überzeugt, "dass der andere, der konstruktive Weg in der Politik langfristig der erfolgreichere ist". Die Bevölkerung glaubt Rosam dabei auf seiner Seite zu wissen - immerhin zeige dies auch das kolossale Scheitern der letzten Regierung, die den persönlichen Streit bekanntlich zur Ultima ratio erhoben hat.
Und wie passt dann der Höhenflug der FPÖ ins Bild, der sich ohne den Aufbau eingängiger Feindbilder kaum erklären lässt? Rosams These: Nur Angriff ist auch für eine Oppositionspartei zu wenig, es brauche schon auch das Angebot konstruktiver Lösungsideen - Jörg Haider habe dies in seinen besten Zeiten sehr wohl verstanden und auch praktiziert.
Die Zeit wird es weisen.
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Wien hat es vergleichsweise gut - in der Bundeshauptstadt raufen sich mit Michael Häupl, Heinz-Christian Strache und Johannes Hahn - zumindest offiziell - gleich drei Bewerber um das Bürgermeisteramt. Aber Wien ist eben auch anders, weil, erstens Wien nicht nur Gemeinde, sondern zugleich auch Land ist, weshalb, zweitens der oberste Wiener nicht direkt gewählt werden kann.
Anders ist die Lage in Salzburg, wo am 1. März neben dem Landtag auch die Bürgermeister und Gemeinderäte in den 119 Gemeinden neu gewählt werden. Allerdings: In jeder fünften Salzburger Gemeinde ist die Bürgermeister-Wahl schon jetzt entschieden, steht doch in 23 Kommunen jeweils nur ein Bewerber für den höchsten Posten zur Verfügung. Bei der ersten Bürgermeister-Direktwahl 1994 gab es noch in jedem Ort mindestens zwei Kandidaten.
Diese Entwicklung gibt Anlass zur Sorge. Gemeindepolitik erhält von allen drei Politikebenen - Bund, Land und Kommune - regelmäßig die besten Noten von den Bürgern. Dabei gilt für die Lokalpolitik dasselbe wie für den großen Rest all dessen, was man gemeinhin Zivilgesellschaft nennt: Nichts geht ohne das freiwillige, zuallermeist
ehrenamtliche Engagement der Bürger.
Wenn sich jetzt nicht einmal mehr genügend Kandidaten für eine - wenngleich bescheiden - bezahlte Funktion wie das Bürgermeisteramt finden, sollten bei allen Beteiligten die Alarmglocken schrillen.
Und die Parteien sollten sich möglichst eindringlich in Erinnerung rufen, dass sie die zig Millionen an Steuerngeldern, die der Staat an Parteienförderung alljährlich ausschüttet, nicht nur für ganzjährige Plakat- und Inseratenkampagnen erhalten. Die Rekrutierung, Motivierung und Ausbildung von politischen Funktionsträgern gehört nämlich ebenfalls zu ihren elementaren demokratiepolitischen Aufgaben.
Rechnen würde sich mehr Engagement in diesem Bereich auf jeden Fall: In jedem Wahlkampf - egal, auf welcher Ebene er geführt wird - ist ein erfolgreicher Kommunal- oder Grätzlpolitiker in Wählerstimmen gerechnet mindestens tausendmal nützlicher für seine Partei als jede noch so teure Plakatkampagne.