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Steuerhöhe als emotionaler Faktor

Von Monika Jonasch

Wirtschaft

Am 1. 1. 2005 wird die Körperschaftssteuer (KöSt.) in Österreich von 34 auf 25% gesenkt. Bereits jetzt kann die Alpenrepublik aber durchaus im europäischen Wettbewerb um Unternehmensstandorte mithalten. "Es macht derzeit keinen Sinn, einen Standort aus steuerlichen Gründen aus Österreich weg zu verlagern", ist das Fazit einer aktuellen KPMG-Studie.


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Die Studie, die gestern in Wien vorgestellt wurde, verglich erstmals die Steuerbelastung für konkrete Unternehmen aus Produktion und Handel, indem sie diese virtuell an Standorte in Österreich, der Slowakei, Tschechien und Ungarn versetzte. Überraschendes Ergebnis: Österreich ist aus rein steuerlichen Gesichtspunkten hochattraktiv, nur die Slowakei bietet noch leichte Vorteile.

Wie das sein kann, liegt doch die KöSt. in Ungarn bei 16%, in der Slowakei bei 19% und nur in Tschechien bei 28%, also über jener von Österreich, erklärt KPMG-Steuerexpertin Verena Trenkwalder so: "Die Höhe des Steuersatzes alleine ist nicht wirklich aussagekräftig. Wichtiger ist die Bemessungsgrundlage, die in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich ist und zu unterschiedlichen Steuerleistungen führt."

Österreich könne vor allem mit günstigeren Abschreibungsregeln und Rückstellungsmöglichkeiten sowie der Tatsache, dass auch Repräsentationsausgaben abzugsfähig sind, punkten. Tschechien, Slowakei und Ungarn schneiden hier deutlich schlechter ab, was die höhere KöSt. in Österreich wieder wettmacht, so Trenkwalder. Höhere Lohnkosten und schärfere Umweltauflagen wirken sich für Österreich allerdings im Standortwettbewerb nachteilig aus.

Höhere KöSt. in Österreich?

Gerüchte, dass Österreich die KöSt. nicht bei 25% belassen, sondern sie wieder erhöhen könnte, machen der Steuerexpertin jedoch Sorgen. "Wenn Österreich das aufgibt, dann schaden wir uns sicher intensiv", warnt sie. Schließlich sei der KöSt.-Satz ein Signalfaktor für Unternehmen. "Die Firmen vergleichen KöSt.-Sätze. Liegt man nicht unter 30%, dann nehmen sie ein Land gar nicht in ihre Standortüberlegungen mit auf. 2003 hat man deutlich gemerkt, dass Österreich plötzlich in Standortüberlegungen einbezogen wurde, gleichauf mit Irland oder der Schweiz", hat Trenkwalder beobachtet. Der KöSt.-Satz sei ein wichtiger "emotionaler Faktor" für Standortentscheidungen.

Besondere Brisanz erhalten die Gerüchte um eine mögliche KöSt-Erhöhung anhand der sich verändernden europäischen Rechtslage. Diese macht es Unternehmen zunehmend leichter, ihre Standorte zu verlegen - "Die Mobilitätsschranke für Unternehmen fällt. Das macht den Steuer- und Standortwettbewerb für Österreich noch intensiver", warnt Trenkwalder. Senken Österreichs Nachbarn ihre Steuern, müsse die Alpenrepublik mitziehen, fordert sie, sonst verliere man im Wettrennen um die Unternehmensstandorte.

Ein Ende des Standortwettbewerbs in Europa sei jedoch durchaus schon in Sicht. So habe Irland, ein Nettoempfänger in der EU, sich zuletzt aufgrund seiner Niedrigsteuerpolitik wachsendem Unmut in der EU gegenüber gesehen.

Mittel, das innereuropäische Steuerwettrennen einzuschränken, gebe es derzeit aber nicht, so Trenkwalder. Eine Möglichkeit wäre die Einführung einer gesamteuropäischen Bemessungsgrundlage, aber: "Das wird zu unseren Lebzeiten wohl nicht mehr passieren, denn es würde die nationalen Steuersysteme aller EU-Länder auf den Kopf stellen." Allerdings sei der Steuerwettbewerb eine politische Perspektive und als solche auch Ansichtssache.