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Erst mit Anfang dieses Jahres wurde in Österreich die Körperschaftssteuer von 34 auf 25% gesenkt, jetzt will Deutschland von 25 auf 19% reduzieren und damit wäre ein wesentlicher Standortvorteil, der auch viele deutsche Unternehmen nach Österreich gelockt hat, wieder dahin. Im österreichischen Finanzministerium ist das jedoch kein Grund zur Sorge, denn in Deutschland sind außerdem noch die Gewerbesteuer und der Solidarbeitrag zu zahlen. Damit liegt der effektive Steuersatz für Unternehmen noch immer über jenem in Österreich.
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Der Solidaritätszuschlag schlägt mit 5,5% zu Buche, die deutsche Gewerbesteuer wird von den Gemeinden eingehoben und beträgt im Durchschnitt 16,7% (vom Gewerbeertrag). Derzeit betrage die effektive Steuerbelastung der Unternehmen (unter Berücksichtigung unterschiedlicher Bemessungsgrundlagen usw.) in Österreich 21% und in Deutschland 39%. Senkt unser großer Nachbar die Körperschaftssteuer auf 19% so würde die effektive Steuerbelastung für Unternehmen in Deutschland etwa 33% betragen, gibt Thomas Schmid, Pressesprecher von Finanzminister Karl Heinz Grasser, gegenüber der "Wiener Zeitung" zu bedenken. "Dann sind die immer noch weit über uns. Da brauchen wir uns also keine Sorgen machen", meint er im Hinblick auf die Standortkonkurrenz. Eine aktuelle Prognose zu den Einnahmen aus der Körperschaftssteuer wolle man derzeit nicht geben; im März hatte das Finanzministerium für das Jahr 2005 rund 3,60 Mrd. Euro prognostiziert, nach 4,47 Mrd. im Vorjahr. Im Jahr 2006 sollen die Einnahmen dann wieder steigen, und zwar auf 3,80 Mrd. Euro.
Der Konkurrenzdruck in Sachen Standortpolitik ist zwar groß, mit einer weiteren Senkung der Körperschaftssteuer will man in Österreich aber vorerst nicht locken. "In Österreich ist das derzeit kein Thema", die nächste Etappe der Steuerreform sei erst nach 2008 geplant, erklärt Schmid.
Weniger behaglich sind die deutschen Steuerpläne hingegen der österreichischen Betriebsansiedelungsagentur Austria Business Agency (ABA): Der Unterschied zwischen den Steuersätzen in Österreich und Deutschland werde praktisch halbiert. "Das wird Auswirkungen haben", wenn auch nicht dramatisch, gibt ABA-Geschäftsführer René Siegl zu bedenken. Niedrige Steuern seien zwar nicht allein entscheidend, aber doch eine Hauptantriebsfeder für die Standortwahl von Unternehmen. "Das konnte man ganz klar sehen, als die Steuersenkung bekannt wurde", so Siegl. In den ersten vier Monaten des Jahres 2004 sei die Zahl der Gründungen von ausländischen Firmen in Österreich, die von der ABA betreut wurden, gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 67% gestiegen. Betrachte man nur die deutschen Unternehmen, betrug die Steigerung 78%.
Was bringt es dem Minister?
Wieviel Steuern die Finanzministern bei niedrigeren Steuersätzen unter dem Strich dann mehr oder weniger einnehmen, das ist schwierig abzuschätzen, meint Steuerexpertin Margit Schratzenstaller vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo): Einerseits gebe es einen Steuerausfall durch den niedrigeren Steuersatz, andererseits könnten durch diese Steuerpolitik weniger Investitionen ins Ausland abwandern, neue Unternehmen ins Land kommen, die Unternehmen im Inland mehr investieren, weil sie höhere Nettogewinne haben und ihre Gewinne weniger in Länder mit niedrigen Steuersätzen verschieben. Effekte, auf die offenbar auch der deutsche Finanzminister hofft, der mit seinen Steuerplänen auch auf Kritik in den eigenen Reihen stößt: So sagte etwa Rüdiger Veit (SPD) laut "Financial Times Deutschland" : "Wenn die geplanten Unternehmens- und Erbschaftsteuerreformen nicht aufkommensneutral sind oder gar zu staatlichen Mehreinnahmen führen, prognostiziere ich, dass das Paket in der SPD-Fraktion nicht mehrheitsfähig ist".
Insgesamt muss der deutsche Staat im Jahr 2005 voraussichtlich Steuermindereinnahmen von 5,1 Mrd. Euro verkraften (Bund: minus 3,5 Mrd., Länder: minus 2,5 Mrd.), geht aus der gestern, Donnerstag, vorgelegten Prognose des Arbeitskreise Steuerschätzung hervor. Damit könnte Deutschland zum vierten Mal in Folge gegen den europäischen Stabilitätspakt verstoßen.
Ursachen für die geringeren Steuereinnahmen seien vor allem die schlechte Konjunktur und hohe Ausgaben für die Arbeitsmarktreform, sagte der deutsche Bundesfinanzminister Hans Eichel. Der Union warf er vor, seine Vorschläge zum Abbau von Subventionen blockiert zu haben. In den Reihen der Grünen gibt es Stimmen, die eine Anhebung der Mehrwertsteuer fordern, falls dies auch mit einer Senkung der Lohnnebenkosten verbunden werde.