Zum Hauptinhalt springen

Steuerlast-Esel

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Gratis-Zahnspange und die Senkung der Unfallversicherungsbeiträge um 0,1 Prozentpunkte. Das wurde zuletzt von der Regierung als großartige Entlastung von Familien und Haushalten ins Treffen geführt. Die OECD, ein wirtschaftspolitisches Beraterorgan der größten Industriestaaten (zu denen auch Österreich gehört), spricht dagegen von einer steigenden Belastung. 49,1 Prozent des Einkommens eines Durchschnitts-Alleinverdieners gehen für Steuern und Sozialversicherungsabgaben drauf. Kommunalabgaben und diverse Gebühren sind da nicht mitgerechnet. Die Entwicklung des Lohnsteueraufkommens in den vergangenen Jahren bestätigt diese Berechnung.

Im Klartext bedeutet dies, dass den durchschnittlichen Einkommen zuerst relativ hohe Abzüge ins Haus stehen, mit denen dann soziale Wohltaten finanziert werden. Das System dieser Transferleistungen ist grundsätzlich sinnvoll, es stärkt die Solidarität einer Gesellschaft.

Irgendwann allerdings stößt so ein Transfer-System an seine quantitativen Grenzen, und das dürfte gerade der Fall sein. Immerhin war es Gewerkschafts-Präsident Erich Foglar, der sich lautstark darüber beklagte, dass die Lohnrunden Abschlüsse über der Inflationsrate brachten, die Nettoeinkommen aber bestenfalls stagnieren. Arbeitgeber-Vertreter sehen das genauso.

Österreich würde also eine Steuerreform benötigen, sowie eine Durchforstung der Leistungen der Sozialversicherung. Beides lastet schwer auf dem "Faktor Arbeit". Die Arbeitgeberbeiträge dazugerechnet, kommt bei einem Mitarbeiter nur der kleinere Teil seines Gesamt-Bruttoeinkommens an.

Um also die Belastung der Arbeitseinkommen merklich zu senken, ist es notwendig, andere Steuerquellen anzuzapfen, etwa Vermögensteuern. Mit der Nicht-Reform der Grunderwerbsteuer wird gerade eben eine Chance dazu vertan. Aus neoliberaler Ecke kommen da gerne Zwischenrufe wie "Klassenkampf" oder "Krypto-Kommunismus". Das ist lieb, aber falsch. Beide Parolen gelten vielmehr für die unerträglich hohe Belastung der Arbeitseinkommen. Es wäre zu wünschen, wenn sich die Sozialpartner, die allerdings auch leise Ermüdungserscheinungen zeigen wie SPÖ und ÖVP, zu einem Kraftakt aufschwingen und der Regierung eine solche (annähernd aufkommensneutrale) Steuerreform aufzwingen. Für die Wirtschaftskammer wäre es auch kein Problem, denn die Hälfte ihrer Mitglieder sind "Ich AGs", die alles andere als vermögend sind.