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Ein zu starkes Auseinanderdriften von Einkommen und Vermögen schadet der Wirtschaft. Das ist derzeit der Fall.
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Über neue Vermögenssteuern nicht einmal reden zu wollen, ist politisch absurd - Politik bedeutet ja über Gestaltungswege zu diskutieren und dazu gehören wesentlich auch Steuern. Und es ist volkswirtschaftlich problematisch. Denn zahlreiche ökonomische Studien zeigen, dass ein zu starkes Auseinanderdriften von Einkommen und Vermögen der Wirtschaft schadet, was aber derzeit der Fall ist.
Laut aktuellen Zahlen der Liechtensteiner Investmentgesellschaft Valluga hat sich die Zahl der Euro-Millionäre in Österreich im Jahr 2012 auf 77.500 erhöht, das entspricht einem Zuwachs von 7,7 Prozent. Noch stärker als die Anzahl der Millionäre wuchsen ihre Vermögen, nämlich auf 245 Milliarden Euro, was einem Zuwachs von zehn Prozent entspricht.
Verhindert wird mit der Diskussionsverweigerung eine offene und sachliche Diskussion darüber, welche Einkommens- und Vermögensverteilung in der österreichischen Gesellschaft als gerecht empfunden wird. Ausgewichen wird auch der Frage, ob und wie weit die Politik bereits abhängig ist von den Vermögenden, die ja ihren Reichtum bei höheren Steuern aus Österreich abziehen könnten.
Nicht geführt werden schließlich auch offene Debatten darüber, dass Schulden und Vermögen immer zusammenhängen - des einen Schuld ist immer des anderen Vermögen - mit der großen Frage, ob der Gläubiger die Schuld rückerstattet bekommt. Gehör müssten dann jene Ökonomen finden, die schon des Längeren darauf hinweisen, dass eine in der Tat notwendige Schuldenbremse auch einer Vermögensbremse bedarf.
Diese zur Diskussion zu stellen, hat nichts mit Neiddebatten zu tun, sondern ist Voraussetzung einer seriösen Auseinandersetzung über wirtschafts- und gesellschaftspolitische Zielsetzungen. Denn das auf diese Weise gehortete Geld fehlt ja zum Beispiel zur Finanzierung attraktiver Schulen, die für mehr Chancengerechtigkeit und auch qualitativen Fortschritt unerlässlich sind.
Zu erinnern ist auch daran, dass Werte nur durch Arbeit geschaffen werden, sei es durch Arbeitnehmer oder durch die Führung eines Unternehmens. Hinter Geldmehrung durch Zinsen oder Renditen steht keine "Leistung".
Der bekannte Ökonom Raimund Dietz, der nicht nur den Zusammenbruch des sowjetischen Sozialismus vorausgesagt hat, sondern bereits im Jahr 2006 auch die globale Finanzkrise, bringt es in seinem neuen Buch "Geld und Schuld. Eine ökonomische Theorie der Gesellschaft" (Marburg 2013) auf den Punkt: "Um der Schuldenfalle, in welche die Welt geraten ist, zu entkommen, muss die Vermögensmasse reduziert und die Finanzindustrie auf ein vernünftiges Maß reduziert werden." Es ist zu hoffen, dass diese Warnung auch in Österreich Gehör findet, wo Vermögenssteuern im EU-Vergleich sehr niedrig liegen. Vermögende sind durchaus bereit, etwas abzugeben - nur sie werden es nicht freiwillig tun.