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Steuern widmen für Kultur oder Religion

Von Rudolf K. Höfer

Gastkommentare
Rudolf K. Höfer ist a.o. Universitätsprofessor am Institut für Kirchengeschichte und kirchliche Zeitgeschichte der Universität Graz und Herausgeber des Buches "Kirchenfinanzierung in Europa. Modelle und Trends".

Die Debatte über das Islamgesetz könnte Anlass sein, über Modelle zur Finanzierung von Religionsgemeinschaften allgemein zu diskutieren.


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Wenn der Staat durch die vom Wähler beauftragte Regierung die österreichische Rechtsordnung aufrechterhalten und sichern will, ist es legitim, dass eine Gesetzesvorlage zum Islamgesetz feststellt, dass österreichisches Recht zuerst gilt und nicht das Recht einer Religionsgemeinschaft. Das ist keine Belehrung, Unterstellung oder Generalverdacht, ebenso wenig eine Diskriminierung, Instrumentalisierung des Gesetzesentwurfs oder gar undemokratisch, wie ein Abgeordneter zum Nationalrat behauptete.

Das österreichische staatliche Religionsrecht ist gewachsen (zum Beispiel Toleranzpatent 1781, Islamgesetz 1912, Protestantengesetz 1961, Israeliten Gesetz 2012), das unterschiedliche Fragen für die Mitglieder der Religionsgemeinschaften regelt. Speisegesetze gelten nicht für alle, Feiertage sind abweichend, zeugen aber von Respekt für die Angehörigen der Religionsgemeinschaft und ihrer Tradition.

Einfluss, Kontrolle und finanzielle Abhängigkeit vom Ausland sind vom Staat zu hinterfragen, wenn er seine Rechtsgrundlagen schützen will. Eine ausländische Finanzierung unerwünschter Geldgeber zurückzudrängen muss möglich sein.

Damit stellt sich die Frage, wie Moscheen und Imame in Österreich finanziert werden können? Dafür eignet sich das Modell der Steuerwidmung für Kultur oder anerkannte Religionsgemeinschaften, das in Italien ohne neue Belastung für die Bürger seit 1984 existiert. Irreführend ist das Wort Kultursteuer oder Kulturbeitrag für das italienische Modell, weil es sich um keine neue Steuer oder Beitrag handelt. Auf diesem Weg könnte auch in Österreich das vor 75 Jahren (am 1. Mai 1939) in der Zeit der NS-Diktatur aufgezwungene Kirchenbeitragsgesetz abgelöst werden, das muslimische und weitere anerkannte Religionsgemeinschaften nicht berücksichtigt. Alle vom NS-Regime besetzten Länder haben die NS-Kirchenbeitragsgesetze nach 1945 wieder beseitigt, nur Österreich hat es noch.

Unter Wahrung des Prinzips der Trennung von Kirche und Staat - im Sinne einer Neutralität - haben auch Spanien, Ungarn und Polen dieses Modell zur Finanzierung von Kulturgütern und Religionsgemeinschaften eingeführt, in Liechtenstein ist es geplant. Steuerpflichtige können frei und demokratisch bei der Steuererklärung (Jahresausgleich) entscheiden, ob sie einen kleinen Teil ihrer Steuerleistung dem Staat oder einer anerkannten Religionsgemeinschaft zuweisen. Der Gesetzgeber würde damit dem Bürger eine kleine Mitgestaltungsmöglichkeit zurückgeben. Damit könnte auch die eigene Finanzierung islamischer Religionsgemeinschaften in Österreich gesichert werden.

Eine Diskussion über Modelle zur Finanzierung von Religionsgemeinschaften hat Kardinal Christoph Schönborn schon im Jahr 2012 begrüßt. Ein staatliches Gesetz kann nur der Gesetzgeber ändern. Verantwortungsvolle politische Kräfte könnten zum Erhalt der Kulturgüter nach dem Vorbild Frankreichs mit dem "Gesetz über den gesellschaftlichen Zusammenhalt" einen Konsens herbeiführen und mit Steuerwidmung ein zeitgemäßes Modell als Ersatz für das NS-Kirchenbeitragsgesetz einführen.