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Steueroase Österreich?

Von Stefan Melichar

Wirtschaft

ABA-Chef lobt Steuerreform 2004. | Dennoch bald weniger Ansiedlungen aus Deutschland. | Wien. Bei der Entscheidung für oder gegen eine Firmenansiedlung spielen die steuerlichen Rahmenbedingung eine wichtige Rolle. Österreich hält dabei, so Experten, im Vergleich mit seinen Nachbarstaaten gut mit (siehe Grafik). Einige der Vorteile könnten aber bald verloren gehen.


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Der Chef der Austrian Business Agency (ABA), René Siegl, bezeichnet die Steuerreform 2004 als wichtige Grundlage für die Ansiedlung internationaler Unternehmen in Österreich. Nur 25 Prozent Körperschaftssteuer (KöSt) und die Möglichkeit der Gruppenbesteuerung locken vor allem deutsche Firmen an.

Bei unseren nördlichen Nachbarn werden Unternehmen derzeit durch Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer mit insgesamt mehr als 38 Prozent belastet. Das dürfte sich aber bald ändern. Die deutsche Regierung plant mit 2008 eine Senkung des KöSt-Satzes von 25 auf 15 Prozent. Die Unternehmensbesteuerung wird dadurch auf unter 30 Prozent sinken.

Gleich gut wie im Osten

"Das trifft uns sicherlich an der empfindlichsten Stelle", meint Siegl. Es werde wohl zu einer Abschwächung des Zuzugs aus Deutschland kommen, der bist jetzt rund 40 Prozent aller Ansiedlungen ausgemacht habe. Dabei seien, so Siegl, die günstigeren Unternehmenssteuern immer das Hauptargument für Investitionen in Österreich gewesen.

Verena Trenkwalder, Steuerexpertin beim Wirtschaftsberater KPMG, beurteilt die Situation weniger dramatisch. Der Standort Österreich bleibe immer noch deutlich günstiger. Außerdem werde die Steuerreform zu einem Wirtschaftsaufschwung in Deutschland führen, der sich auch für Österreich positiv auswirken werde.

Im Steuerwettbewerb mit den osteuropäischen Nachbarn hält sich Österreich laut Trenkwalder gut. Die slowenische Regierung hat sich von der Idee einer Einheitssteuer ("Flat Tax") verabschiedet. Die Slowakei korrigiert ihr bestehendes Flat-Tax-Modell.

"Die Unternehmenssteuern in Osteuropa werden sich zwischen 20 und 25 Prozent einpendeln", meint Trenkwalder. In Österreich seien die Steuersätze zwar etwas höher als bei den meisten Nachbarn, angesichts einer geringeren Bemessungsgrundlage würden Unternehmen aber etwa gleich gut aussteigen.

Verhandlungssache

Anders ist die Situation in der Schweiz. ABA-Chef Siegl beklagt "steuerliche Lockmittel", die unter anderem auch bei der Absiedelung der Wiener Europazentrale des US-Lebensmittelkonzerns Kraft Foods im Spiel gewesen sein könnten (siehe nebenstehenden Artikel). Trenkwalder bestätigt, dass es in der Schweiz für im Ausland operierende Finanzierungsgesellschaften möglich sei, sich mit den regionalen Steuerbehörden individuelle Verträge auszuhandeln. Steuersätze von acht bis zwölf Prozent und die Möglichkeit, Betriebsausgaben, die gar nicht getätigt worden sind, steuerlich geltend zu machen, seien keine Seltenheit.