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"Pakt für den Euro" fix: Er soll Auseinanderdriften der Euro-Länder beenden. | Malta, Ungarn und Zypern als Steueroasen. | Schuldenlast auf Griechenland wird leichter, Irland muss warten. | EZB stünde im Ernstfall für Interventionen bereit, um Euro zu stützen. | EBRD soll Ägypten und Marokko unterstützen. | Brüssel. "März ist der Monat der Entscheidungen für den Euro", sagte ein Notenbanker zur "Wiener Zeitung". So ganz traute die Europäische Zentralbank (EZB) dem Frieden nicht, als sich die 17 Regierungschefs der Euro-Länder am Freitag trafen, um über eine künftige Abstimmung der Wirtschaftspolitik zu diskutieren.
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Die EZB stehe bereit, im Notfall das zuletzt gestoppte Ankaufprogramm für Staatsanleihen wieder aufzunehmen. Auch größere Veränderungen im Wechselkurs zum Dollar würden nicht hingenommen werden, deuteten Notenbanker an. Sollten die Märkte den in der Nacht auf Samstag getroffenen Vereinbarungen nicht trauen, würde die EZB offenkundig intervenieren. Eine Bestätigung dafür war nicht zu erhalten.
Um den "Pakt für den Euro" wurde denn auch heftig gerungen. Besonders umstritten war - so Beobachter - der Punkt Steuerharmonisierung. Bundeskanzler Werner Faymann: "Eine gemeinsame Basis für Unternehmenssteuern würde ich begrüßen." Beim Euro-Gipfel wurde bekräftigt, dass dies allein Sache der Nationalstaaten sei. Faymann: "Länder, die sich unter dem Euro-Schutzschirm befinden, wie etwa Irland, sind hier allerdings besonders gefordert."
IRLAND
Irland musste zwar im Vorjahr mit 62,5 Milliarden aus dem Euro-Rettungsschirm gerettet werden, macht den anderen Ländern aber mit einer extrem niedrigen Körperschaftssteuer von 12,5 Prozent Sorgen. Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel erklärte, dass sie bereit sei, Irland bei einer Reduktion der beträchtlichen Zinsbelastung entgegen zu kommen, wenn der Steuersatz angehoben werde. Die Rede war von einer Zinsreduktion um bis zu einem Prozentpunkt. Derzeit liegen sie bei 5,8 Prozent.
Irland hat damit ein Problem, dessen neuer Premier Enda Kenny widersetzte sich beim Gipfel allen Forderungen. Dafür bekam er auch keine Zinssenkung für das Hilfsgeld. Kenny hatte die Wahl unter anderem gewonnen, weil er versprach, die Zinsen zu senken. Faymann: "Er will noch ein paar Wochen warten." Bis dahin, so Beobachter, werde klar sein, wie der anstehende Stress-Test für EU-Banken in Irland ausgeht. Bankexperten rechnen damit, dass es für das irische Bankensystem, das die Probleme des Landes verursachte, nicht besonders schmeichelhaft wird. Die uneinbringlichen Immobilien-Krediten sollen mittlerweile 14 Prozent der Kreditsumme erreichen, beim Belastungstest im Vorjahr wurde noch ein fünfprozentiger Ausfall als "Krisenszenario" hingenommen. Sollten die mit öffentlichen Garantien ausgestatteten Banken nach diesem Test ein neuerliches Problem mit der Kapitaldecke bekommen, könnte das zum Einlenken der neuen irischen Regierung führen: Niedrigere Zinsen im Tausch gegen höhere Körperschaftsteuer.
STEUEROASEN
Doch auch in Malta, Ungarn und Zypern gibt es Gewinnsteuern, die entweder für den gesamten oder für Teile des Unternehmensgewinns bei null Prozent liegen. Auch diese Länder müssten Steuern einheben, so der allgemeine Tenor - auch von Österreichs Kanzler Werner Faymann. Da es bei diesen Entscheidungen aber weiterhin Einstimmigkeit gibt, ist dies ein heikler Punkt, der nur mit Zustimmung der betroffenen Länder umzusetzen ist. "Die Steueroasen in der EU müssen weg, das ist hoch an der Zeit", meinte ein beim EU-Gipfel anwesender Experte. Am 25. März werden alle 27 EU-Regierungschefs zusammentreffen, um auch dies zu besprechen.
GRIECHENLAND
Eine Erleichterung der erheblichen Zinsbelastung hat es aber für Griechenland geben. Die Zinsen für die EU-Finanzhilfe (80 Milliarden Euro) sinken um einen ganzen Prozentpunkt, auch die Laufzeit wird von fünf auf 7,5 Jahre verlängert. Griechenland hat sich dafür bereit erklärt, ein umfangreiches Privatisierungsprogramm im Ausmaß von 50 Milliarden Euro zu starten.
NEUER RETTUNGSSCHIRM IST FIX
Dafür wird es den "Pakt für den Euro" geben, aber mit reichlich wenig Sanktionsmöglichkeiten ausgestattet. Dies war eine Forderung vor allem Deutschlands. "Es gibt keinen Zwang für irgendein Land", sagte Faymann. "Lohnverhandlungen bleiben autonome Angelegenheit der Sozialpartner, auch bei den Pensionen bleibt die nationale Souveränität." Trotzdem wird der Rettungsschirm nun in Höhe von 440 Milliarden Euro bis 2013 festgezurrt, für die Zeit danach wird eine ständige Euro-Abschirmung mit einer "Darlehenskapazität" in Höhe von 500 Milliarden eingeführt. Österreich wird dadurch seinen "Anteil" von zirka 15 auf 25 Milliarden Euro aufstocken. Wie das auf Haftungen und Einzahlungen aufgeteilt wird, werden die Finanzminister festlegen - so die Regelung der Regierungschefs. In diesen 500 Milliarden Euro soll aber auch ein Beteiligung privater Investoren stecken - in Form eines Ausfallsrisiko für jene, die nach 2013 Euro-Staatsanleihen kaufen.
Umgekehrt dürfte es auch künftig nicht erlaubt sein, dass der mit 440 Milliarden Euro dotierte Euro-Rettungsschirm (EFSF) direkt Anleihen von Euro-Ländern kaufen darf. Das war von den Deutschen zur Bedingung gemacht worden.
FINANZTRANSAKTIONSSTEUER
Und schließlich schaffte es auch noch die Finanztransaktionssteuer in den "Pakt für den Euro". Vor allem Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy habe hier Österreich unterstützt, hieß es aus Delegationskreisen. "Eigentlich kam nur von Italien eine kritische Stellungnahme", so Faymann. Der Kanzler räumte ein, dass es noch ein weiter Weg bis zu deren Einführung sei, die EU-Kommission werde nun einen Vorschlag machen. "Wir reden immer davon, welche Lasten von der Bevölkerung zu tragen seien, um die Schulden abzutragen. Es muss auch über die Beteiligung der Finanzwirtschaft diskutiert werden."
EBRD
Während der Gipfel beim Thema Libyen eher unkonkret blieb, wird es wenigstens wirtschaftliche Unterstützung für die Region geben: Die EBRD, eine eigentlich für Osteuropa gegründete europäische Entwicklungsbank, soll ihr Mandat auf Ägypten und Marokko ausweiten. Künftig kann die EBRD auch dort den Aufbau privater Unternehmen finanzieren.
Fazit einer langen Freitagnacht: Der Euro wird gerettet, mit vielen guten Vorsätzen. Wie die Märkte am Montag darauf reagieren werden? Nun, im Ernstfall steht die EZB bereit…